Dienstag, 15. April 2008

Und es gibt ihn doch!

Zugegeben, ich habe auch immer geglaubt, die Story vom Osterhasen sei frei erfunden. Die Praxis zeigt aber, daß dies zu kurz springt und an Ostern Eier im Garten zu finden sind, obwohl sie nach der konventionellen Logik eigentlich gar nicht dort sein dürften. Ich habe auch mal geglaubt, Hasen könnten gar keine Eier legen. Weit gefehlt.

Wer an Ostern im Garten nachschaut, der wird es sehen.

Der Osterhase ist nicht einfach nur ein Nagetier, er ist ein hoch komplexes Wesen, das mit den herkömmlichen biologischen Begriffen nicht vollständig erfaßt werden kann. Die Wissenschaft leugnet das bis heute, doch wird sie noch lange brauchen bis sie erklären kann wie ein Osterhase nicht nur Eier legen, sondern diese auch hartkochen und bunt bemalen kann. Doch die unmittelbare Wahrnehmung spricht eine klare Sprache, und eine kleine Gruppe fortschrittlicher Wissenschaftler zeigt sich inzwischen mit aller gebotenen Vorsicht als Unterstützer der Osterhasen-Theorie.

So sprach ein mir bekannter Botanik-Professor kürzlich an Ostern gegenüber seiner 5-jährigen Tochter ganz offen darüber, und tatsächlich fand diese auch mehrere Nester mit Eiern im Garten. Es ist klar daß man als Professor heute noch auf der Hut sein muß, und nicht allzu öffentlich darüber reden kann, wenn man nicht seinen Ruf in Gefahr bringen will, aber so ging es ja auch denen, die gegen die flache Erde angetreten sind. Die Wahrheit hat sich am Schluß dann doch durchgesetzt. Wenn die Zeit reif ist, dann wird sich die neue Sichtweise des Osterhasenproblems durchsetzen, und die engstirnigen Ignoranten, die heute noch auf ihrer beschränkten Theorie festhalten und die Realität außer acht lassen, werden nur noch eine Fußnote der Geschichte sein.

Der Osterhase hat dafür ein gutes Gespür. Er ist nicht so dumm sich denjenigen zu zeigen, die ihren Augen sowieso nicht trauen würden. Die sich von ihrem durch Zahlen und Formeln verklebten Verstand vorschreiben lassen was ihre Augen sehen dürfen. Den Osterhasen bekommen nur diejenigen zu Gesicht, die dieses Erlebnis auch wert sind. Das mußten schon viele feststellen, die sich mit unfairen und hinterhältigen Methoden auf die Lauer gelegt haben und den Osterhasen in Flagranti ertappen wollten. Das sind untaugliche Versuche, nicht valide, und nicht beweiskräftig. Der wahre Osterhasen-Seher ist da weiter und läßt sich nicht von den immergleichen kleinlichen und neidvollen Einwänden beirren.

Die Anderen können sich immerhin glücklich schätzen, daß sie keine gekochten Eier essen müssen. Sollen sie damit doch zufrieden sein! Für den wahren Osterhasen-Freund ist das ein kleines Opfer für das Privileg, die ganze Wahrheit zu sehen.

Vielen Dank für die Inspiration zu diesem Beitrag an den Teilnehmer "selbstbauen" des Hifi-Forum.

Die ewigen Wahrheiten des Tuning

Aus dem verblichenen Blog des Hifi-Forum.

Leute, die damit Geld verdienen, wollen einem gern weis machen, man brauche für das Tuning von Hifi-Anlagen eine besondere Begabung, oder besondere Fähigkeiten. Das stimmt aber gar nicht, es reichen ein paar einfache Regeln, an die sich die Tuner praktisch unisono halten, und wer die beherrscht kann's auch selber. Vielleicht dümpelt das Tuninggeschäft deswegen so vor sich hin...

Auf die ewigen Wahrheiten kommt man ganz von selber, wenn einem mal aufgefallen ist, wie wenig so ein Tuner eigentlich von der elektronischen oder akustischen Theorie zu verstehen scheint. Hat man sich mal vom Irrglauben befreit, Hifi-Tuning habe etwas mit Elektronik oder Akustik zu tun, dann wird der Blick frei auf die wirklich relevanten Dinge. Wirklich elementare Wahrheiten sind einfach, so einfach daß sofort klar würde daß sie frei erfunden sind, wenn man nur einen Moment lang darüber nachdenken würde.

Hier die Wahrheiten, auf die ich gekommen bin, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

1. Jedes Bauteil verschlechtert den Klang
Diese Wahrheit wird manchmal auf die Bauteile im Signalweg eingeschränkt, aber andererseits gibt's auch wieder Leute die meinen alles liege irgendwie im Signalweg. Wie dem auch sei, diese ewige Wahrheit ist so unmittelbar einleuchtend daß sie eigentlich nur falsch sein kann. Es ist ja analog dazu ebenso bekannt, daß z.B. beim Auto jedes Bauteil den Fahrspaß beeinträchtigt. Kupplung, Getriebe, Differential, Reifen, etc. liegen ja alle quasi im "Signalweg", welches Potential an Fahrspaß kann man da erschließen indem man sie wegläßt! Daß das bei Massen-Autos nicht gemacht wird zeigt zudem welche Dumpfbacken bei den Autoentwicklern so rumlaufen, und wie nötig hier unkonventionelle und fähige Tuner sind!

2. Bessere Bauteile machen besseren Klang
Wieder eine unmittelbar einleuchtende Wahrheit, wenngleich im Einzelfall zu klären wäre was hier eigentlich "besser" bedeutet. Wer bei den Kriterien auf Nummer sicher gehen will schaut auf den Preis. Obwohl alle jederzeit beschwören würden daß ein teureres Bauteil nicht automatisch auch besser ist, wird trotzdem universell nach dieser Regel gehandelt. Wat nix kost dat taucht auch nix. Alle anderen Kriterien für "besser" sind auch notorisch schwierig zu handhaben, weil es so viele verschiedene gibt. Noch verhältnismäßig beherrschbar sind Zahlen, bei denen man bloß entweder die Nuller oder die Neuner zählen muß. Mehr ist dann besser. Also 0,0001% ist z.B. besser als 0,001%, egal was die Zahl auch immer bedeuten mag. In unserer Auto-Analogie heißt das, daß ein Auto besser fährt, wenn man den Motorblock mit Edelstahlschrauben statt der normalen Schrauben verschraubt. Titanschrauben wären noch besser.

3. Tuning braucht ein gutes Gerät als Grundlage
Klar, daß man ein minderwertiges Gerät nicht sinnvoll tunen kann, oder? Ich meine, wer würde einen Polo tunen wollen wenn er einen 911er tunen kann? Der Polo ist ja praktisch schon ausgereizt, während im 911er noch jede Menge herauszuholen ist! Was in so einem 911er alles für Ramschteile lieblos verbaut wurden, die man schleunigst auswechseln sollte um wirklichen Fahrspaß herzustellen! (Details siehe oben, also Edelstahlschrauben rein, Reifen raus, Getriebe raus, etc.)

4. Gutes Tuning kommt nur an einer hochauflösenden Anlage zur Geltung
Nach dem Tuning spielt das Gerät wie ausgewechselt, es geht die Sonne auf, Vorhänge werden weggezogen, Räume staffeln sich, und Füße fangen an zu wippen. Es versteht sich von selbst daß solche subtilen Revolutionen eine besondere Anlage brauchen, um überhaupt bemerkbar zu sein. Analog dazu kommt bei einem konsequent getunten Auto der wahre Fahrspaß nur auf speziellen Strecken zur Geltung. Leuchtet ja auch ein, ohne Reifen, Getriebe etc.

5. Guten Klang kann man nicht messen
Das ist eine so elementare und wichtige Erkenntnis, daß man, wenn jemand herausfindet wie guter Klang zu messen ist, ihn sofort der Ketzerei bezichtigen und ihn auf dem Scheiterhaufen verbrennen müßte, weil er den Tuninggott lästert. Tuning ist eine vollkommen rationale und wohlbegründete Tätigkeit, und wenn die Wissenschaft noch nicht alles dabei voll erklären kann, dann ist das ihr Fehler. Einzelne Bauteilwerte kann man messen, und so über besser und schlechter entscheiden (ein Kriterium vorausgesetzt), und den Preis kann man auch in Heller und Pfennig ausrechnen, aber den Klang, den kann man nur hören. Jawoll!

6. Entwickler von Seriengeräten haben keine Ahnung und werden von Marketing und Kostenkontrolle geknechtet
Man stelle sich vor: Man ist als Entwickler von Serienprodukten (schlimmer: Massenprodukten) tatsächlich gezwungen, mit möglichst geringen Kosten möglicht hohe Rendite zu produzieren. Was da alles für Kompromisse dabei heraus kommen, es ist ein Elend! Die Schaltungen müssen z.B. funktionieren, denn man will sich keine abnorm hohe Rückläuferquote leisten. Die Produktion muß automatisiert werden, wodurch man der Kreativität des Produktionspersonals keine Chance läßt - man stelle sich vor: Ein Gerät ist wie das andere. Dagegen die Arbeit des Tuners: Jedes Gerät ist anders, alles Handarbeit, jedesmal neue Fehler. Hier entstehen Geräte mit Charakter! Der Tuner kann außerdem ganz anders kalkulieren als die Massenfabrik. Beim Tuner spielt der Materialwert der Bauteile gar keine Rolle, denn die Arbeit verschlingt ohnehin den Großteil der Kosten.

Das scheinen mir die wichtigsten Tuninggesetze zu sein. falls ich noch welche übersehen haben sollte bitte ich um einen Hinweis, dann kann ich den Katalog vervollständigen. Falls jemand basierend auf diesen Wahrheiten ein florierendes Tuninggewerbe etabliert würde ich um eine kurze Notiz bitten.

Anleitung zum Lächerlichsein.

Aus dem verblichenen Blog des Hifi-Forum.

Nun ist zwar Paul Watzlawick leider schon tot, aber die Vielen, die seinen kleinen Leitfaden "Anleitung zum Unglücklichsein" gelesen haben, werden sich noch immer gerne daran erinnern. Im selben Geiste praktischer Lebenshilfe, wenngleich mit geringeren Fähigkeiten ausgestattet, will ich es versuchen dem geneigten Leser die hohe Kunst des sich Lächerlichmachens näher zu bringen. Um im Sinne Watzlawicks zu sprechen: Wie in allen anderen Sparten des modernen Lebens ist auch hier staatliche Lenkung vonnöten. Lächerlich sein kann jeder; sich lächerlich machen aber will gelernt sein, dazu reicht etwas Erfahrung mit persönlichen Fehltritten nicht aus.

Ich hätte diesen kleinen Leitfaden nicht schreiben können ohne die großen Vorbilder, deren Meisterschaft im sich Lächerlichmachen ich in den letzten paar Jahren im Hifi-Forum bewundern durfte. Ihnen gehört mein besonderer Dank. Ich hoffe auch der geneigte Leser dieser Zeilen findet in ihren Texten eine Inspiration. Es ist ehrenvoll, von den Besten einer Disziplin lernen zu dürfen.

Wie auch Watzlawick will ich aber gleich zu Beginn darauf hinweisen, daß "meine Ausführungen nicht als erschöpfende und vollständige Aufzählung betrachtet werden" dürfen, "sondern nur als Leitfaden oder Wegweiser, der es den begabteren unter meinen Lesern ermöglichen wird, ihren eigenen Stil zu entwickeln."

Der Schlüssel zur Lächerlichkeit liegt gemeinhin darin, etwas partout nicht zu sehen was für alle Anderen offensichtlich ist. Je ernsthafter und ehrlicher man diese partielle Blindheit zur Schau stellen kann, desto überzeugender macht man sich lächerlich.

Wer kennt nicht Loriot's Nudel-Sketch, in dem der Hauptdarsteller derart von seiner Absicht, eine Frau anzubaggern, eingenommen ist, daß er keinerlei Notiz von einer Nudel in seinem Gesicht nimmt, die seinen Plan ad absurdum führt?

Man erkennt da auch gleich, wie fließend der Übergang von der Lächerlichkeit zur Tragik ist. Die Beiden sind gewissermaßen Zwillinge, sie sind eigentlich dasselbe, nur aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet.

Wie kann man so etwas planmäßig herbeiführen?

Zunächst braucht man eine stillschweigende Annahme, oder eine Kombination solcher Annahmen, die einem so in Fleisch und Blut übergehen muß daß sie selbstverständlich erscheint. So selbstverständlich daß man vergißt daß es eigentlich nur Annahmen sind, dazu noch recht willkürliche. Dabei hilft es beträchtlich wenn es wünschenswerte Annahmen sind.

Beispielsweise könnte man annehmen, einen Adonis-Körper zu haben, eine hohe Intelligenz, oder ein unbestechliches Gehör. Da solche Annahmen schmeichelhaft sind, wird man es besonders leicht fertig bringen, sie als selbstverständlich vorauszusetzen.

Damit wird sich automatisch jedermann, der Zweifel daran erkennen läßt, in die Nähe von böswilligen oder sonstwie defizitären Charaktern bringen. Die Weichen zum Konflikt sind gestellt, in dem man nur schlecht aussehen kann – gute Voraussetzungen für Lächerlichkeit wie für Tragik.

Um die stillschweigende und willkürliche Annahme zu stützen und zu schützen gegen die Anfechtungen der Logik und des gesunden Menschenverstandes, wird es nötig sein, zu Zirkelschlüssen zu greifen. Auch hier ist es am besten wenn der volle Umfang des Zirkels dem Bewußtsein verborgen gehalten wird. Wenn der Zirkel nur groß genug ist wird einem jedes gleichzeitig sichtbare Einzelstück perfekt gerade vorkommen, und vor so viel Distanz daß die Krümmung auffällig wird hüte man sich.

Ein Beispiel aus dem Hifi-Bereich soll das illustrieren:

Als willkürliche und stillschweigende Annahmen nehmen wir:
1. Ich habe ein besonders feines und unbestechliches Gehör
2. Meine Anlage ist von herausragender Qualität
3. Die Wissenschaft und Technik ist vom vollen Verständnis noch weit entfernt
4. Wirklicher Fortschritt wird von Außenseitern erreicht

Selbst (oder gerade weil) in jedem dieser Sätze ein Körnchen Wahrheit stecken mag, so läßt sich daraus doch ein perfekt absurdes und wirklichkeitsfernes, jedoch durch Zirkelschlüsse innerlich abgesichertes Gedankengespinst herstellen.

Zunächst ist festzustellen daß jeder Satz unserem Helden potentiell schmeichelt. Die ersten beiden offener, die anderen subtiler. Der dritte Satz z.B. wird besonders demjenigen schmeicheln, der von der Wissenschaft nicht so viel versteht, und das dürften die Meisten sein: „Seht her, die Wissenschaftler kapieren’s ja selber nicht!“ Und im vierten Satz kann man mit dem Underdog sympathisieren.

Der Zirkelschluß geht nun zusammengefaßt so:

Ich höre Effekte die nach gängiger Lehrmeinung nicht sein können. Angesichts der Qualität meines Gehörs und meiner Anlage und weil ich die Effekte reproduzierbar höre kann an deren Realität kein Zweifel bestehen. Das unterstreicht und bestätigt was ich über die Unfähigkeit der Wissenschaft und die Mangelhaftigkeit der „gängigen Lehrmeinung“ sowieso schon wußte, und die Tatsache daß ich es gerade mit meiner Außenseiteranlage feststelle zeigt, daß spezielle Köpfe in speziellen Firmen nötig sind, um darüber hinaus zu wachsen.

So stützen sich die willkürlichen Annahmen gegenseitig, und daß die ganze Konstruktion in der Luft hängt fällt um so weniger auf. Von außen sieht das aber ganz anders aus:

Die gehörten Effekte können natürlich eingebildet sein, was gerade auch durch die aus den stillschweigenden Annahmen gespeiste Erwartungshaltung noch gefördert wird. Oder die gehörten Effekte entspringen nicht einer besonders hochwertigen, sondern einer besonders problematisch konstruierten Anlage, was mit deren Preis oder der Frontplattendicke nichts zu tun zu haben braucht. Mithin wären die Effekte ohne weiteres durch die gängige Lehrmeinung erklärbar, wenn man sich der Mühe unterzöge der Ursache auf den Grund zu gehen. Das Verständnis der Wissenschaft wäre dafür völlig ausreichend, und für die Ansicht von Außenseitern gäbe es keinen Bedarf. Daneben kann man wohl sagen daß die meisten Außenseiter keineswegs zum Fortschritt beitragen, sondern schlicht scheitern.

Besonders schön und für die Herbeiführung von Lächerlichkeit ideal ist, daß es aus der Perspektive von beiden Seiten jeweils so aussieht, als habe die gegenüberliegende Seite ein stark verengtes Blickfeld. Um die altbekannte biblische Metapher zu bemühen: Es werden jede Menge Splitter im Auge des Gegenüber diagnostiziert, ohne daß man sich um die Balken im eigenen Auge kümmern würde.

Wenn die freischwebende Konstruktion aus Annahmen und Zirkelschlüssen so kompliziert wäre daß sie auch von Außenstehenden nicht durchschaut wird, dann ist der Lächerlichkeitseffekt dahin. In der Tat halten einige besonders geistreiche Zeitgenossen den ganzen Wissenschaftsbetrieb für eine solche gigantische Luftnummer, bloß haben sie selbst nichts besseres anzubieten und sehen mühelos über dessen Erkenntniserfolge hinweg, was dann schon wieder einen Hang zum Monströsen und damit Lächerlichen hat. Für den weniger ambitionierten Lächerlichkeitsaspiranten empfiehlt es sich aber, das Gedankengebäude nicht allzu kompliziert werden zu lassen. Es muß für genügend Außenstehende noch erkennbar sein daß das Ganze komplett gaga ist.

Beim Hifi-Voodooismus ist diese Bedingung in exemplarischer Weise erfüllt. Selbst Leute die den darin liegenden Zirkelschluß nicht unmittelbar überblicken merken doch oft, zu welch absurden Auswüchsen diese Denkweise führt. Welche spezifischen Blindheiten und Denkhemmungen dafür gepflegt werden. Wie grotesk es ist daß die davon Befallenen nicht dahinter kommen. Auf welche hirnrissigen Argumente sie kommen um diese Erkenntnis zu vermeiden. Mit einem Wort: Wie lächerlich das alles ist.

In der Tat muß man zu abstrusen, der Logik Hohn sprechenden Argumenten greifen, um solche Gedankenkonstruktionen zu verteidigen, und auch da wiederholen sich immer wieder die gleichen von der eristischen Dialektik inspirierten Muster, deren Beherrschung einem zu großer Meisterschaft bei der Erzeugung von Lächerlichkeit verhelfen kann. Ich kann hier nur exemplarisch ein paar wichtige herausgreifen:

1. Die Steigerung ins Absurde.
Wenn jemand behauptet, der Wissenschaft seien die fraglichen Phänomene längst vertraut, dann erklärt man einfach, das sei gleichbedeutend mit dem Ende aller Wissenschaft. Wenn jemand behauptet, er könne ein Phänomen durchaus erklären, dann stelle man ihn als jemand hin der sich für allwissend hält. Sich selber kann man damit vormachen, der Gegenüber sei ein wenig naïv und würde die wahre Dimension des Problems unterschätzen, dem Außenstehenden gegenüber wirkt man aber wie jemand der jedes vernünftige Maß aus den Augen verloren hat und seine Zuflucht in theatralischen Übertreibungen sucht.

2. Das Persönlichnehmen
Wenn jemand Zweifel erkennen läßt, daß die geschilderten Hörerlebnisse real sind, dann muß man das natürlich persönlich nehmen, denn eine bessere Gelegenheit gibt es kaum, sich besonders authentisch der Lächerlichkeit preiszugeben. Diese Zweifel beinhalten schließlich einen direkten Angriff auf die grundlegenden willkürlichen Annahmen, was man keinesfalls durchgehen lassen kann. Außerdem kann man als Gekränkter immer Sympathie beanspruchen. Die Begabtesten schaffen das in einem Ton, der an die Beteuerung Erich Mielkes erinnert, er liebe doch alle.

3. Die Selbstüberhöhung
Das ist das Verhalten eines Halbstarken, der größer zu wirken trachtet als er ist. Dieses Verhalten ist immer deutlich demonstrativ, sei es daß man demonstriert daß einem die anderen zu profan/vulgär/unkultiviert sind, oder daß man selbst auf mysteriöse und wenig faßbare Weise „schon weiter“ sei, also daß die anderen (noch) nicht mitreden können. Daß man es nicht wirklich nötig habe sich auf deren Niveau herabzulassen. Daß man „es draufhat“ und andere eben nicht. Das wäre für sich gesehen schon provokativ und destruktiv genug, doch wenn man das kombinieren kann mit dem Durchscheinen von eigener Ahnungslosigkeit oder Unfähigkeit, dann ist die Lächerlichkeit die automatische Folge. Dazu braucht man nur konsequent vermeiden, seine eigene Kompetenz jemals unter Beweis zu stellen, denn irgendwann dämmert es den Meisten, daß es hinter der Fassade hohl ist.

4. Das Avantgarde-Denken
Das ist sozusagen die kollektive Spielart des vorigen Punktes, also Selbstüberhöhung im Plural. Sich selbst als Mitglied einer Elite darzustellen, die vorweg nimmt, was die Masse erst noch erreichen muß (falls das jemals so weit kommt). Die besseren Hörer, die das „Hobby Hifi“ richtig verstehen bzw. leben. Denen es kompromißlos und rastlos um die Musik und den optimalen Klang geht. Die sich in den Dienst der Perfektion stellen, und sich ausschließlich ihrem eigenen Gehör unterwerfen. Die glauben mit ihrem Gehör schon erreicht zu haben was die Wissenschaft erst noch mühsam erreichen muß (siehe Annahme 3). Die Lächerlichkeit steht einem da unmittelbar vor Augen: Hier die tumben, gefühllosen Wissenschaftler, die sich mit dem Rechenschieber abmühen, zu begreifen was ein großartiger Klang ist. Dort die Genies der Intuition, die den großartigen Klang ganzheitlich in einem Zug aufnehmen und erfassen! Subjektiv und doch ungleich stimmiger als es jede Formelsammlung erfassen könnte! So grandios! So lächerlich!

5. Die Ignoranz
Für jedes Denksystem, ob es nun auf gute Gründe aufbaut oder auf Luftnummern, gibt es einige Fragen oder Argumente, die an den Kern rühren und das Potential haben, das Ganze zu Fall zu bringen. Im besten Fall führen sie zu vertieftem Verständnis, und zu einer Verbesserung des Denksystems, und dann geht das Denksystem daraus gestärkt hervor. Bei einem freischwebenden System wie es uns hier interessiert ist das eher unwahrscheinlich, die „kritischen“ Fragen müssen daher gekonnt umschifft werden. Hier verbirgt sich ebenfalls Lächerlichkeitspotential, denn falls jemand solche Fragen aufwirft kommt man unweigerlich in eine schwierige Situation. Man kann die Fragen hartnäckig ignorieren, sie hartnäckig mißverstehen, auf Nebenkriegsschauplätze ausweichen, oder manchmal sogar den Spieß rumdrehen, Hauptsache man vermeidet die Beantwortung der Frage, die das Denksystem unterminieren könnte. Das merkt der Außenstehende und findet es zunehmend befremdlich. Um das zu verstärken kann man eine gewisse Begriffsstutzigkeit offen zur Schau stellen, so als wollte man sagen: Wenn ich die Frage nicht kapiere kann sie ja wohl keiner kapieren, das Problem muß also wohl bei Dir liegen. Wenn die Frage aber in Wirklichkeit ganz gut zu kapieren ist, dann ist das Ziel der Lächerlichkeit erreicht.

Allgemein laufen viele Kniffe darauf hinaus, ein schwaches bis dämliches Argument so vorzubringen, als wäre man völlig davon überzeugt, einen Trumpf ausgespielt zu haben. Angesichts des Rohrkrepierers sollte man sich dann in die Pose des verkannten und mißhandelten Opfers begeben, dem völlig unverdient übel mitgespielt wurde. Je theatralischer je besser. Eine eingestreute Verschwörungstheorie kann auch nicht schaden.

Schließlich, zwar zuletzt aber ganz wichtig: Man schließe sich einer Gruppe an. Kaum jemand hält es durch, sich als Einzelgänger gegen alle Anfechtungen der Vernunft zur Wehr zu setzen. Nur in der Gruppe findet man den Rückhalt, der jeden Unsinn zu Sinn werden läßt. Watzlawick weist zurecht auf Nietzsche hin, der behauptete, Wahnsinn bei Individuen sei selten, bei Gruppen, Nationen und Epochen aber die Regel. Kaum ein Individuum bringt es fertig, solch groteske, absurde und lächerliche Ansichten zu vertreten und Handlungen zu begehen, wie es in einer Gruppe von Gleichgesinnten öfter vorkommt. Nur in der Gruppe finden die besonders Berufenen den Raum, um den Blödsinn auf die Spitze zu treiben.

Ein letztes leicht angepaßtes Watzlawick-Zitat sei dem Leser, der es bis hierhin geschafft hat, auf den Weg gegeben, mit dem Wunsch daß ihm die angestrebte Lächerlichkeit gelingen möge: „Man nehme, allen Gegenbeweisen zum Trotz, schlicht an, die eigene Ansicht sei unter allen Umständen selbstverständlich und normal. Damit wird jede andere Ansicht zum selben Thema verrückt oder zumindest dumm.“

Truthiness in Audio

Aus dem verblichenen Blog des Hifi-Forum

Truthiness wurde von der American Dialect Society zum Wort des Jahres 2005 in den USA gekürt. Es stammt von Stephen Colbert, einem bekannten US-Satiriker, der es in der ersten Folge seiner Comedy-Serie The Colbert Report einführte.

Auf Deutsch würde man wahrscheinlich "Wahrlichkeit" sagen. Wahrheit, die aus dem Innersten kommt, aus dem Herzen, oder dem Urin. Wahrheit, die nichts mit Fakten zu tun hat. Die einfach deshalb schon wahr sein muß weil sich sonst etwas falsch anfühlen würde.

Wahrlichkeit ist wichtiger als Wahrheit. Wenigstens sieht es so aus. Wenn Bush den Irak angreifen läßt, dann ist es nicht so wichtig ob der Irak irgendwelche Massenvernichtungswaffen besitzt bzw. sich besorgt, sondern ob man das glaubhaft machen kann, also ob es sich wahr anfühlt. Wenn man gegen Terrorismus durch Computerspionage bei der breiten Masse angehen will ist es nicht so wichtig ob das nachweislich etwas bringt, sondern ob es sich so anfühlt als ob es was bringen würde.

Was das mit Audio zu tun hat?

Nun, daß es in diesem Bereich eben auch so ist. Es bringt hier zwar nicht so viel Schaden wie im politisch-militärischen Bereich, ist aber nicht weniger auffällig. Man könnte sagen daß das wegen des vergleichsweise geringen Schadens bei Audio gar nicht so schlimm sei und man die Leute doch einfach machen lassen sollte. Daß man also gewissermaßen jedem die Freiheit lassen sollte, sich verarschen zu lassen, bzw. sich selbst zu verarschen. So einfach ist es aber nicht.

Wenn sich nämlich in einem Bereich die Wahrlichkeit zu Lasten der Wahrheit durchzusetzen anfängt, dann werden auch Unbeteiligte hineingerissen. Dann kommen sogar diejenigen, die sonst immun wären, nicht mehr darum herum. Bei solchen Fällen wie dem amerikanischen Präsidenten und seinem Irak-Projekt brauche ich nicht dazusagen wer hier als Unbeteiligter zu seinem eigenen Schaden hineingerissen wird, aber bei Audio gibt's das eben in kleinerem Stil auch.

So gibt es ansonsten nüchterne und gegen Irrationalitäten relativ immune Zeitgenossen, die einfach mangels ausgewogener Informationen unsinnige Kaufentscheidungen treffen. Es gibt ansonsten ehrbare Hersteller die anfangen, in den Chor der Wahrlichkeitsverkünder einzustimmen weil sie keine Chance sehen, mit der Vernunft dagegen Gehör zu finden. Und es gibt Profiteure die die Welle nach Kräften antreiben, in der Absicht ihre Brieftasche damit zu füllen, oder andere Eigeninteressen zu befördern.

Ab wann ist also Einschreiten geboten? Soll man den amerikanischen Präsidenten nun machen lassen? Man ist als Mitteleuropäer ja eigentlich kaum betroffen, und man kann zur Irak- bzw. Terrorismusfrage solcher und solcher Meinung sein. Vielleicht ist da ja einfach Toleranz gegenüber Andersdenkenden geboten, und Saddam war nunmal eindeutig ein Unsympath, und ob er nun Massenvernichtungswaffen hatte oder nicht ist eigentlich unwichtig, ihn zu beseitigen fühlt sich einfach irgendwie richtig an. Oder etwa nicht?

Oder analog bei Audio: Die Wahrlichkeitsverkünder dort haben vielleicht einfach nur eine andere Hörerfahrung, man hat ja selbst keinen Schaden davon, folglich könnte man ja tolerant sein und sie einfach machen lassen. Sollen sie doch den Raum animieren und ihre Kabel entkoppeln, oder nicht?

Ich würde hier nicht schreiben wenn ich dieser Meinung wäre. In meinen Augen wäre das falsche (und faule) Toleranz. Das Problem ist nicht der Schaden, den der Eine oder Andere womöglich nur bei sich selbst anrichtet, das Problem ist der Schaden durch eine verkehrte Denkweise, oder Geisteshaltung. Es geht um mehr als als um unsinnige Kaufentscheidungen und etwas verschwendetes Geld. Es geht um den Umgang mit der Realität, und mit den eigenen Wunschvorstellungen (von denen man vielleicht gar nicht realisiert daß es Wunschvorstellungen sind).

So glaubte z.B. auch noch deutlich nach der Veröffentlichung des Duelfer-Reports, in dem eindeutig festgestellt wurde daß der Irak keine Massenvernichtungswaffen besaß, die deutliche Mehrheit der US-Amerikaner daran, daß der Krieg gerechtfertigt war, der mit eben diesen Massenvernichtungswaffen begründet wurde. Mehr noch, sie glaubten weiterhin an die Existenz dieser Massenvernichtungswaffen. Mit anderen Worten, sie glaubten das Gegenteil dessen was bewiesene Tatsache war. Sie haben vor diesem Hintergrund einen Regierungschef wiedergewählt, der ihnen die Unwahrheit vorgespiegelt hatte, und darauf basierend zum Schaden sowohl der Iraker als auch der USA selbst gehandelt hatte.

Wer aus diesem Blickwinkel die Welt betrachtet kann wohl kaum den Geschichtsfälschern und Wahrheitsverdrehern dieser Welt mit Toleranz entgegentreten. Auch wenn es dabei "nur" um Audio gehen sollte. Zwischen Wahrlichkeit und Wahrheit gibt es einen bedeutenden Unterschied. Das Eine hat etwas mit dem Ego der sie verkündenden Person zu tun, das Andere mit der oft unwillkommenen Realität. Es ist wichtig das unterscheiden zu können.

Verstärkte Verwunderung

Aus dem verblichenen Blog des Hifi-Forum

Wie man weiß finde ich Blindtests interessant. Schon allein weil dabei regelmäßig Leute desillusioniert werden. Ich habe daher mit Interesse verfolgt wie sich ein Verstärker-Blindtest, den der Betreiber des österreichischen Hifi-Forums, David Messinger, kürzlich veranstaltet hat, so entwickelt. Der Mann hat ja inzwischen mit dem Durchführen von solchen Blindtests einige Erfahrung, und auch mit der Diskussion derselben in den einschlägigen Diskussionsforen. Das ist für einen Zyniker und Satiriker eigentlich immer ein gefundenes Fressen. Das heißt, eigentlich auch wieder nicht, denn es ist der Satire oft schon genug wenn man einfach die Diskussionen mitliest, man hat da als Lästermaul eigentlich gar nicht viel zu tun.

Doch fangen wir am Anfang an.

Verstärker sollen, der Hifi-Idee folgend, eigentlich klangneutral sein. Das heißt sie sollten zum abgespielten Klang nichts hinzutun und nichts wegnehmen. Das Ideal ist der sprichwörtliche Draht mit Verstärkung (das gilt nicht für alle Verstärker, das will ich gleich dazusagen - manche wollen gar kein Hifi, sondern möglichst schöne Verzerrungen). Wenn man also Verstärker beurteilt, dann sollte man eigentlich untersuchen wie nahe sie diesem Ideal in der Praxis kommen. Derjenige, der ihm näher kommt, ist der bessere.

Das kann man auf prinzipiell zwei verschiedene Arten tun. Man kann versuchen, die Abweichungen vom Original zu messen, oder man kann versuchen, den Geräten bei der Arbeit zuzuhören und so die Abweichungen herauszuhören. Erstere Methode ist relativ einfach, vorausgesetzt man weiß was man alles nachmessen muß und ebenfalls vorausgesetzt man hat die dafür nötige Ausrüstung. Das Problem ist, woher weiß man ob man alles Wichtige gemessen hat? Zweitere Methode ist auch ziemlich einfach, vorausgesetzt man hat die geeigneten Hörfähigkeiten und Umgebungsbedingungen. Das Problem ist, wie stelle ich sicher daß ich mich nicht irre, denn der Mensch ist bekannt dafür was er so imstande ist sich alles einzubilden, und man will ja nicht die Einbildungskraft eines Hörers testen, sondern die Fähigkeiten des Verstärkers. In der Praxis macht man daher beides, der "Laie" ist mangels Ausrüstung aber auf die zweite Möglichkeit beschränkt.

Jetzt werden elektronische Verstärker für Audio bekanntlich seit ziemlich genau 100 Jahren gebaut. Vielleicht ist es nur wenigen aufgefallen, aber dieses Jahr ist der 100. Geburtstag der Triode, also des ersten vernünftigen elektronischen Verstärkerbauteils, das noch immer nicht ganz in Rente gegangen ist und in Hifi-Kreisen sogar eine gewisse Renaissance durchlebt. Zugegeben, die ersten Bemühungen haben nicht unbedingt das Hifi-Prädikat verdient, aber man kann doch sagen daß ab etwa dem Ende des zweiten Weltkrieges Verstärker gebaut wurden, deren Qualität diesem Ziel schon recht nahe kam. Seither sind noch einmal 60 Jahre vergangen, in deren Verlauf der Transistor aufkam, und die integrierten Schaltkreise, und stark verbesserte Meßgeräte obendrein. Angesichts dieser Lage würde sogar ein Gehörloser erwarten, daß mittlerweile die Entwicklung von Verstärkern einen solchen Perfektionsgrad erreicht hat, daß es ausgesprochen schwer fallen sollte, sie per Gehör voneinander zu unterscheiden, solange bei ihrer Entwicklung die Hifi-Kriterien gebührend berücksichtigt wurden. Gerade auch wegen der rasanten Entwicklung in der ganzen Elektronik.

Mit einem Wort, man sollte erwarten daß es die Regel sein müßte, daß zwei Verstärker gleich klingen, und die Ausnahme daß man sie unterscheiden kann. Noch am ehesten, so würde man denken, wären Unterschiede zu erwarten, wenn man die Geräte an die Grenzen ihrer Möglichkeiten treibt, denn dort würden die Unterschiede noch am deutlichsten zutage treten. Daß diese Grenzen sehr unterschiedlich gesteckt sein können sollte sich von selbst verstehen, angesichts der Unterschiede zwischen den verschiedenen zu versorgenden Lautsprechern und Räumen. Mithin würden die Unterschiede zwischen den verschiedenen Verstärkern nicht im Klang liegen, sondern in den Grenzen bis zu denen sie diesen (neutralen) Klang aufrechterhalten können.

Das wäre die aus nüchternen Überlegungen gespeiste Erwartungshaltung, nicht wahr?

Warum wundern sich dann sehr viele Leute wenn genau dieses zu erwartende Ergebnis bei einem Test wie dem oben erwähnten rauskommt? Man müßte doch sagen: Prima, der Test bestätigt die Überlegungen des gesunden Menschenverstandes perfekt!

Das Gegenteil ist der Fall, siehe hier und hier, man überlegt sich allenthalben, was denn am Test faul sein könnte, daß ein solches Ergebnis herauskommen konnte. Viele Leute "wissen" irgendwie daß zwei Verstärker sich überhaupt nicht gleich anhören können, besonders wenn sie zu stark unterschiedlichen Preisen verkauft werden. Die Logik geht dann andersrum: Ich weiß daß sich die Verstärker unterschiedlich anhören müssen, wenn das in einem Test nicht so festgestellt wird dann kann folglich mit dem Test etwas nicht stimmen. QED

Das Eine, was man anscheinend nicht fertigbringt, ist das kritische Hinterfragen der Prämisse: "Alle Verstärker klingen unterschiedlich". Diese Prämisse wird derart mit Zähnen und Klauen verteidigt, daß die Sammlung von vorgebrachten Argumenten dafür ein gefundenes Fressen für Zyniker und Kulturpessimisten ist. Da ist wirklich nichts zu blöd. Kostproben gefällig?

  • Ihr behauptet also alle Verstärker klingen gleich!
  • Wieso werden dann überhaupt noch unterschiedliche Verstärker gebaut?
  • Ihr hört wohl zu schlecht! Ich höre so was locker!
  • Ihr macht ja bloß unser Hobby kaputt!

Obwohl meiner ehrlichen Meinung nach solche Argumente wie die obigen schon von mäßig intelligenten Leuten als völlig abwegig erkannt werden müßten, werden sie immer wieder vorgebracht, und zwar von Leuten die oft sehr empfindlich reagieren wenn sie das Gefühl haben man würde sie nicht ganz ernst nehmen. Leider reicht meine Fähigkeit zur Heuchelei nicht, um solchen Leuten erfolgreich vormachen zu können, ich würde sie ernst nehmen, drum gibt's immer wieder Streit.

Nicht alle Argumente sind allerdings derart trüb, das sei der Gerechtigkeit halber gleich dazugesagt. Es sollte aber doch klar sein, daß in dem Moment in dem man die eigentlich völlig selbstverständliche Aussage akzeptiert, daß sich Verstärker durchaus gleich anhören können, mit einem Schlag das Testergebnis völlig akzeptabel wird und es keinerlei Grund gibt, den Test selbst, die Motivation der Veranstalter, oder Schlimmeres in Zweifel zu ziehen. Das Akzeptieren dieser Selbstverständlickeit bedeutet schließlich nicht, daß alle Verstärker gleich klingen, oder daß irgendeinem Verstärker die Existenzberechtigung genommen wird, oder Ähnliches. Es bedeutet ebensowenig daß man die durchgeführten Tests für perfekt und nicht mehr verbesserungswürdig zu finden hätte.

Woher also die Verbissenheit? Es darf trefflich spekuliert werden. Hier ein paar von meinen Ansätzen:

  • Die Leute sind von den Hifi-Blättchen indoktriniert. Für eine Zeitschrift ist es natürlich ein Unding wenn zwei Prüflinge gleich sind. Das kann man unmöglich schreiben, irgendeinen Unterschied muß man sich aus den Fingern saugen, und wenn man ihn frei erfindet. Überleg mal, wie wäre das wenn man bei einem Verstärkertest lesen würde: "Fünf der sechs Geräte sind bei gehobener Zimmerlautstärke nicht zu unterscheiden, nur das sechste klingt an der schwierigen Testbox XYZ etwas sumpfig im Baß". Na, klingelts?
  • Die Leute haben zum Teil über Jahrzehnte Geräte vergleichsgehört, ohne sich um solche Dinge wie präzisen Pegelausgleich oder glaubwürdige Verblindung zu scheren, im Glauben ihr feines Gehör könnte das schon von selber auflösen. Und haben natürlich Unterschiede gehört. Man hört immer Unterschiede, wenn man sich nur lange genug dafür Zeit läßt. Sogar wenn's definitiv keine Unterschiede gibt hört man sie. So wächst eine Überzeugung die man nicht so einfach wieder fallen lassen kann, besonders wenn sie dem Ego schmeichelt.
  • Die Leute verallgemeinern ihre Erfahrungen unzulässig. Sie haben fünf unterschiedliche Verstärker gehört und schließen daraus es müßten alle Verstärker unterschiedlich sein. Oder sie stellen einen Klangunterschied zwischen zwei Kabeln fest und meinen dann die Klangeffekte seien den Kabeln zuzuschreiben.
  • Die Leute wollen ungestört aufschneiden können. Welcher Hobbykapitän möchte schon sein Seemansgarn von irgendeinem Schlaumeier in Zweifel gezogen haben? "Ich habe den Klabautermann mit eigenen Augen gesehen und da interessiert mich einen Scheiß ob Du behauptest den gibt's nicht, Du elende Landratte, fahr Du erst mal richtig zur See!"
  • Halbwissen überschätzt sich fast immer.

So können wir also mit verstärkter Verwunderung beobachten wie ein eigentlich unaufregendes Testergebnis manche Leute zu Höchstleistungen dabei aufstachelt, Gründe zu suchen warum sie das Testergebnis nicht ernstzunehmen brauchen. Und wir wissen daß es dann beim nächsten Test wieder ebenso gehen wird. Auch wenn er "verfeinert" werden sollte, als Ergebnis der laufenden Diskussionen, wird - so prognostiziere ich - kein prinzipiell anderes Ergebnis herauskommen. Warum auch? Schließlich kennen wir das Spielchen seit mittlerweile 3 Jahrzehnten, und nicht alle Blindtests wurden in dieser Zeit von amateurhaften Dilettanten durchgeführt.

Wenn man mich fragen würde wo ich die größeren Dilettanten am Werk sehe...

Aber lassen wir das.