Weil ich das schon kenne, ist es auch gar keine Überraschung für mich, daß meine Prognose aus besagtem Forum eingetroffen ist. Schon vor dem Erscheinen der neuesten Ausgabe der Stereoplay habe ich vorausgesagt daß es auf die ausstehenden Fragen darin keine Antwort geben würde, auch wenn man für die Beantwortung eben dieser Fragen von der Redaktion mit Hinweis auf diese Ausgabe vertröstet wurde. Wenn jemand anderer Meinung sein sollte würde ich darum bitten, daß er diese offenen Fragen mit Bezug auf die neueste Ausgabe beantwortet, ich sehe den Zusammenhang nämlich bisher nicht.
Das war also keine besonders schwierige Aufgabe für meine Glaskugel, es war ziemlich offensichtlich daß die Messungen im letzten Heft nicht wirklich zu verteidigen sind, so viel scheint auch die Redaktion begriffen zu haben, also hat man sich lieber neuen Messungen zugewandt, die mit den alten nichts zu tun haben, anstatt daß man bei den alten Messungen auch nur eine Winzigkeit mehr Transparenz zugestanden hätte.
Man hat allerdings die Taktik etwas geändert. Von Sensation ist diesmal nicht mehr die Rede, die Karawane zieht hier doch ziemlich schnell weiter. In etwas nüchterner Prosa verpackt man ein noch obskureres Meßverfahren und bedient sich ansonsten der bewährten Methode, aus objektiv aussehenden nichtssagenden Kurven völlig willkürliche Schlußfolgerungen zu ziehen.
Während man für die letzte Ausgabe noch meinte, das Prinzip der Gegenkopplung zum besseren Verständnis für Laien in grotesker Form verzerrt verunglimpfen zu müssen, hat man diesmal kein Problem damit ein sogar für Fachleute eher seltsames Meßverfahren unkommentiert einfach so hinzuwerfen. Zitat Stereoplay 6-2006:
"Zu diesem Zweck verwenden wir jetzt ein breitbandiges MLS-Signal (Maximum Length Sequence). Die Kreuzkorrelation zwischen dem Verstärker-Eingangs- und -Ausgangssignal führt zu einer Impulsantwort, die mittels Fast-Fourier-Transformation in einen Frequenzgang umgerechnet wird."Wie viele typische Leser der Stereoplay das wohl nachvollziehen können?
Es sieht so aus als würde mal wieder mir die Aufgabe zufallen, hier für den Background zu sorgen, den man braucht um so eine Messung einordnen zu können. Der Redaktion scheint es eher um das Nebelwerfen zu gehen.
Das erklärte Ziel der Stereoplay-Messung laut Artikel war es, "die Antwort dieses Systems auf einen Impuls" genauer anzusehen (gemeint ist das System Verstärker-Lautsprecher). Die Impulsantwort eines Systems ist in der Tat ein aufschlußreiches Kriterium, und es gibt zahlreiche Methoden um sie zu finden. Die MLS-Methode ist nur eine von vielen, und sie wird vor allem bei Lautsprechern angewendet, weil es durch sie möglich ist, auch ohne Messung im freien Feld den Effekt des Direktschalls vom Effekt des an Wänden reflektierten Schalls zu trennen. Daß man diese Methode bei Messungen an Verstärkern anwendet ist eher unüblich, denn man hat keinen Vorteil davon. Mit zeitverzögerten Reflexionen an Wänden und Decken hat man da schließlich nichts zu tun. Die Impulsantwort bei Verstärkern kann man auch wesentlich einfacher bestimmen indem man den Impuls direkt anlegt.
Die Idee der Stereoplay ist also eigenartig, aber noch eigenartiger ist es, daß man das Ergebnis im Frequenzbereich (also als Frequenzgang) statt im Zeitbereich darstellt. Wenn mich interessiert was ein Verstärker mit einem Impuls anfängt, dann sehe ich mir den Impuls im Zeitbereich an und schaue wie er ausschwingt. Der Übergang in den Frequenzbereich per FFT, wie das die Stereoplay tut, verschleiert das Ganze nicht unerheblich. Statt die Impulsantwort direkt zu sehen muß ich mir jetzt einen Reim auf Frequenzgänge machen, die offenbar stark davon abhängen wann ich messe (also wie viele Mikrosekunden nach dem Impuls). Gerade im niederfrequenten Bereich wird das sehr problematisch, denn man kann sich leicht klar machen daß eine Schwingungsperiode bei 100Hz bereits 10 ms lang dauert, und das ist hundert mal länger als die längste gemessene Verzögerung nach dem Impuls. Mit anderen Worten: Je niedriger die Frequenz, desto zweifelhafter werden die Meßwerte mit dieser Methode.
Aber ich bin nicht der Lautsprecher-Spezialist und (auch deswegen) sicher kein MLS-Experte. Umso besser hat es sich getroffen daß in den letzten paar Tagen die AES-Convention stattfand, bei der ich anwesend war, und praktischerweise war Bruce Hofer von Audio Precision auch da. Sonntag früh war wenig los, und bevor ihm langweilig wurde habe ich ihm die Stereoplay-Meßkurven unter die Nase gehalten und ihn gefragt was er davon hält. Sein Gesicht hatte ungefähr die gleichen Fragezeichen wie meins, und wir waren uns schnell einig daß diese Messungen in dieser Form überhaupt nichts aussagen. Nachdem man nicht weiß ob die Messungen mit Gleichspannungskopplung oder nicht gemacht wurden, und wie es um den Gleichspannungs-Offset der Verstärker bestellt ist, könnte man gerade auch im Baßbereich bei völlig harmlosen Unterschieden deutliche Meßunterschiede erhalten.
Nun bezweifle ich stark, daß irgend jemand etwas mit diesen Messungen anfangen kann, wenn das noch nicht einmal dem Chefentwickler des Meßgerätes gelingt, das von Stereoplay dafür verwendet wurde. Und das ist nicht irgendein Meßgerät, sondern das Top-Gerät der Industrie, an dem alles andere gemessen wird.
Der eigentliche Beschiß liegt aber in der Art wie die Messungen von Stereoplay interpretiert werden. Wenn man sich die Kurven ansieht erkennt man bei aller sonstigen Unbrauchbarkeit doch immerhin daß die Kurven zwischen ohmscher Last und (komplexer) Lautsprecherlast beim NAD-Verstärker am ähnlichsten sind. Wenn man daraus überhaupt etwas schließen kann dann ist es, daß sich der NAD von der Art der angeschlossenen Last am wenigsten unter den drei Verstärkern beeinflussen läßt. Jeder vernünftige Mensch würde das als einen Vorteil auffassen. Nicht so die Stereoplay. Man weiß offenbar welchen Verstärker man am besten aussehen lassen will und dreht sich das passend zurecht.
Eines dürfte inzwischen klar sein - "das kann nun niemand mehr bezweifeln" (O-Ton Stereoplay) - hier wird manipuliert daß die Schwarte kracht. Statt für irgend eine Art von Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu sorgen macht man eine unbrauchbare Messung nach der anderen, und zieht daraus dann völlig willkürliche Schlüsse, die mit den Meßwerten nichts, mit der schon vorher feststehenden ideologischen Ausrichtung aber alles zu tun haben. Dabei hofft man anscheinend daß den Hokuspokus keine nennenswerte Anzahl von Lesern durchschaut.
In meinem letzten Blog-Artikel zum Thema ging ich noch davon aus daß es sich dabei um Dilettantismus handelt. Das war weniger aus Überzeugung so als aus Vorsicht, denn schon Napoleon war ja der Ansicht daß man keine Böswilligkeit unterstellen solle, wenn zur Erklärung auch Inkompetenz genügt. Inzwischen bezweifle ich aber stark daß Inkompetenz eine ausreichende Erklärung für das liefern kann was die Stereoplay hier präsentiert.
Hier wird eine Kampagne geritten gegen die Gegenkopplung, und dabei ist kein Argument zu schäbig, kein Trick zu billig, und keine Irreführung zu plump. Das ist keine Unfähigkeit mehr, das ist trotzige Wahrheitsverweigerung und -verhöhnung, hier läuft die subjektivistische Illusionsmaschine aus dem Ruder.
Wer noch einen weiteren Hinweis darauf nötig haben sollte findet ihn wenige Seiten später im Artikel über den CD-Spieler von Ayre. In der Überschrift wird noch behauptet, die Gegenkopplung sei für Ayre tabu. Wer einmal umblättert und die wesentlich kleiner gedruckte Bildlegende liest, der erfährt daß die Operationsverstärker "lokal zahm gegengekoppelt" seien. Man erkennt die Richtung hier auch völlig ohne technisches Verständnis, aber mit dem entsprechenden technischen Verständnis wird die Aussage vollends zur offensichtlichen Verarsche.
Ohne Gegenkopplung gäbe es überhaupt kein Hifi. Die fundamentale Bedeutung der Gegenkopplung für die gesamte Elektronik und erst recht die Audioelektronik kann man gar nicht überschätzen. Die Angriffe auf dieses universelle Prinzip lassen das inzwischen in machen Kreisen als unglaubwürdige Behauptung erscheinen, und das ist das Empörende dabei. Wie kann es so weit kommen daß eine Tatsache derart auf den Kopf gestellt wird? Und warum mischt eine einstmals respektable Zeitschrift in so einer destruktiven Weise dabei mit?
Vielleicht ist es angebracht daran zu erinnern, daß es sich bei den Redakteuren der Stereoplay um Journalisten handelt, und nicht um ausgelagerte Marketingabteilungen für ein paar Hersteller. Wenn ein Hersteller die Wahrheit zugunsten seiner Produkte verbiegt ist das schon ärgerlich genug, aber irgendwie nimmt man das als gegeben hin. Aber wie weit muß man sein journalistisches Verantwortungs- und Ehrgefühl hinter sich gelassen haben um sich als unabhängiger, eigentlich der Wahrheit verpflichteter Journalist herabzulassen, solche Machwerke abzuliefern?
Ich lese den ganzen Schmarren der „Fachzeitschriften“ ohnehin nicht, aber man sollte bedenken, dass bei den Journalisten dieser Magazine weniger technische Skills gefragt sind (Ausnahmen bestätigen die Regel). Bei soviel geballtem Sachverstand kann eigentlich nur Unsinn rauskommen.
AntwortenLöschenGrüße
Lars
Feindbild: Abstrahlung
AntwortenLöschenHier ein Link um Hififorum.at: http://www.hififorum.at/forum/showthread.php?t=4580&page=3
Sein Forum hatte David Messinger von Technikern "gesäubert". Von allen? Anscheinend nein, und das bereut er jetzt. ;-)
Wenn man keine Ahung hat, einfach mal das Publizieren einstellen!
Martin Gelte
tja, messen ist bei der Lautsprecher-Bastler-Crew so richtig in Mode gekommen, OHNE dass man sich mit den Grundlagen von Messungen beschäftigt...
AntwortenLöschenDer Eine hat das Sprichwort "Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es heraus" noch nicht gehört...
Der Andere nimmt Reise"-Mikrofone, die nicht geeicht sind..
usw., usf.
Kein Wunder, dass falsche Ergebnisse nicht nur bei den Zeitschriften falsch interpretiert werden, nein auch die Bastler bauchpinseln sich was das Zeug hält..
Grüße Alex8529
Na, wir wollen doch nicht diesen Blog dazu missbrauchen, über den armen HiFi-Aufklärer aus Wien zu lästern. Der hat es doch schon schwer genug, da baut und baut und baut er einen Referenzlautsprecher nach dem anderen und erntet nur Undank und Unverständnis. Dabei kann er doch nun "wirklich" alles mindestens genauso gut, wie die "Profis".
AntwortenLöschen"Perfekte Messdaten" brauchen eben auch "perfektes Wissen". ;-)
AntwortenLöschenhttp://www.hifiaktiv.at/eigenproduktionen/mocca/mocca-text.htm
"Das Ziel waren nur perfekte Messdaten."
http://www.hififorum.at/forum/showthread.php?t=4580&page=4
"...denn messtechnisch ist jeder Lautsprecher eine Krücke (sehe ich auch so), für dich sowieso, wenn nicht K+H draufsteht."
"P.S.: danke noch an Franz für seine netten, anerkennenden und aufmunternden Worte."
Und aus der MOCCA vom Messinger wurde "loeslicher kaffee" IGITT!
Martin Gelte
D.M.
AntwortenLöschenMeine LS sind die besten, seht den Frequenzgang an, smoothed 3 oct damit erreiche ich im Keller und sogar im Laden 20Hz bis 25KHz +/- 0,1 dB bei 0,01& Klirr bei „gefühlten“ 100 dB.
Unser Meister
Sogar die STEREOPLAY misst mit "nur" 1/3 OCTAVE Glättung.
AntwortenLöschenDavid Messinger puderzuckert also seinen Kaiserschmarrn (auch genannt "Messungen" zu MOCCA, STACCATO usw) mehr, als die Flachpresse ihre Anzeigenkunden.
Martin Gelte
Seht die Preise bei Hifi Aktiv und gebt das gleiche Produkt bei üblichen Preis Suchmaschinen ein und ihr werdet sehen, dass es im Schnitt um die 25 bis 30% günstiger gibt.
AntwortenLöschenEine komplette Anlage, von CD -Player bis zur Box von z.B. 25.000 €, machen mal locker bis zu 5 769,23 aus.
Jetzt wisst ihr warum dieser Händler Porsche fährt und ihr kein Geld mehr habt.
Kein Voodoo sondern reine Gier und Abzocke im Namen von „der ehrliche Händler“.
Im Übrigen, als neuer aktiver Lautsprecherhersteller sollte man sich doch mal über „Elektroschrott“ etc. Gedanken machen, oder?
Die ganz anonyme Rosa
Findet Ihr daß hier der richtige Ort ist, um sich über David Messinger auszulassen? Mein Beitrag betrifft schließlich etwas völlig anderes, was jedenfalls so weit ich es sehe keinen Zusammenhang mit David oder seinem Geschäft hat. Wenn Euch das Thema unter den Nägeln brennt, warum macht Ihr kein(en) eigenes(-n) Blog auf? Das hätte den Vorteil daß man ein zusammenhängendes Argument vorbringen könnte statt der Lästerschnipsel, die man hier sieht, und das Ganze würde weniger nach Schienbeintritt eines Eingeschnappten aussehen. ;-)
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