Deshalb will ich die wichtigsten und am weitesten verbreiteten Fehler hier mal als FAQ (= Fix Abgehandelter Quatsch) zusammenfassen. Ich dachte auch kurz daran, das im Sinn von "Fix Abgekanzelte Quacksalber" zu interpretieren, aber dann wird mir bestimmt wieder vorgeworfen ich würde persönlich. Ich versuch's also lieber inhaltlich. Soll aber nicht heißen daß es keine Quacksalber zum Abkanzeln gäbe. Im Gegenteil.
1. Symmetrische Übertragung ist wenn man auf einem Draht das Signal, und auf dem anderen Draht das invertierte Signal überträgt. Die Signale müssen also gleich groß aber zueinander entgegengesetzt sein.
Falsch. Bei der Übertragung wird ja ein Spannungssignal übertragen, und da ist die Frage welchen Bezugspunkt man für diese Spannung wählt. Die Masse des Senders? Die des Empfängers? Der Mittelwert der beiden Drähte?
Im letzten Fall ist das Ganze natürlich per Definition symmetrisch, aber das ist wohl kaum gemeint. Der Empfänger bildet aber die Differenz zwischen den beiden Signaldrähten, da kommt die Masse gar nicht vor. Also gleich groß bezogen auf was?
In Wirklichkeit hängt die Symmetrie nicht an den Spannungen, sondern an den Impedanzen. Eine Verbindung ist auch dann symmetrisch wenn das Signal (bezogen auf Masse) ausschließlich auf einem Draht vorhanden ist, und der andere Draht bloß am Sender impedanzrichtig an Masse angeschlossen ist. Der ganze störunterdrückende Effekt ist so genau der Gleiche wie wenn auf beiden Drähten symmetrische Spannungen anliegen würden.
Das kann man sich auch so klar machen: Die Störunempfindlichkeit braucht man ja auch dann wenn man gar kein Signal überträgt, also bei Stille. Da ist es sogar besonders wichtig weil jede Störung mehr auffallen würde und von keinem Nutzsignal überdeckt würde. Wenn kein Signal anliegt, dann kann man aber nicht unterscheiden zwischen "einseitiger" Signalübertragung, und "beidseitiger" Signalübertragung. Es liegt ja keine Spannung an. Die Impedanzen sind aber immer noch da. Und die sind hier das Wesentliche.
Das heißt auch daß eine symmetrische Übertragung an einem Sender sehr billig bewerkstelligt werden kann, man muß bloß den zweiten Draht über einen passenden Widerstand an Masse anschließen. Man braucht nicht mehr Aktivelektronik als bei der unsymmetrischen Technik. Beim Empfänger braucht man einen Differenzverstärker, aber auch das muß nicht immer zu mehr Aktivelektronik führen, denn in vielen Fällen kann man eine bestehende Eingangsstufe auch so umgestalten daß sie Differenzverstärker wird. Nicht daß es eine Rolle spielen würde, aber viele Leute haben ja (unberechtigterweise) Angst vor klangverschlechternden Effekten zusätzlicher Verstärkerstufen.
Die symmetrische Variante wo das ganze Signal nur auf einem Draht anliegt, wird impedanzsymmetrische Übertragung genannt. Sie ist wie gesagt was Störsicherheit angeht um keinen Deut schlechter. Lediglich was die andere Richtung angeht, die Aussendung von Störungen an benachbarte Leitungen (Übersprechen), ist sie etwas ungünstiger. Das spielt aber eigentlich bloß in solchen Fällen eine Rolle wo mehrere Leitungen auf engem Raum und über längere Strecken nebeneinander verlegt sind. Einige zig Meter Kabelkanal zum Beispiel, oder ein Multicore-Kabel in der Veranstaltungstechnik.
Gerade bei Hifi kommt es aber noch immer vor daß die angeblich symmetrischen Verbindungen alles andere als symmetrische Impedanzen haben. Wer mißt das schon nach?
2. Eine unsymmetrische Übertragung kann man durch Verdrillen zweier gleicher Drähte symmetrisch machen.
Diese "pseudosymmetrische" Technik findet man öfter bei Cinch-Verbindungskabeln. Manche davon sind noch nicht einmal verdrillt, sondern flache Stegleitungen. So etwas ist aber nicht einmal pseudosymmetrisch, es ist genauso unsymmetrisch wie zuvor. Relevant sind ja die Impedanzen, daran ändert eine optisch symmetrisch aussehende Kabelgeometrie überhaupt nichts. Entsprechend kann man davon auch keine störunterdrückende Wirkung erwarten.
Solche pseudosymmetrische Verbindungen sind Augenwischerei.
3. Symmetrische Übertragung bringt nichts wenn nicht auch die Geräte selbst innen vollsymmetrisch aufgebaut sind.
Das ist nicht bloß falsch sondern sogar gefährlich falsch. Es läßt einen glauben daß die getrennt am Stecker ankommenden positiven und negativen Signale auch im Gerät getrennt weiterverarbeitet werden müßten. Daß man also in diesem Fall besser auf die Differenzbildung am Eingang verzichtet.
Das ist deswegen völlig kontraproduktiv, weil die Störunterdrückung an der möglichst genauen Differenzbildung hängt. Je ungenauer die ist, desto mehr Störung bleibt übrig. Genaue Differenzbildung läßt sich durch entsprechenden Abgleich noch recht einfach hinkriegen wenn man es nur mit einer Verstärkerstufe zu tun hat, nämlich dem Differenzverstärker am Eingang. Verarbeitet man dagegen die Zweige durch das ganze Gerät hindurch getrennt, dann müßte man die komplette Schaltung auf präzise Übereinstimmung beider Seiten abgleichen. Das ist in vielen Fällen so gut wie aussichtslos, besonders über wechselnde Temperaturen und die Alterung der Geräte hinweg. Viel zu viele Bauelemente müßten dazu exakt aufeinander abgeglichen werden.
In der Praxis ist die sofortige Differenzbildung am Eingang die mit weitem Abstand beste Lösung, weil man so die Störung am gründlichsten herauskompensiert bekommt. Ob es danach im weiteren Verlauf im Gerät symmetrisch oder unsymmetrisch weiter geht spielt dann in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr. Das maßgebliche Kriterium ist dabei die Gleichtaktunterdrückung am Eingang.
4. Der Vorteil der symmetrischen Übertragung beruht darauf daß eine Störung gleich auf beide Drähte wirkt.
Fast richtig. Es ist ein Vorteil, aber nicht der Einzige, und im Fall von Hifi mit relativ kurzen Kabeln noch nicht einmal der Wichtigste.
Bei der Übertragung von Audio über Kabel gibt's im Grunde 4 verschiedene Mechanismen, über die ein Störsignal ins Audiosignal einkoppeln kann. Welcher Mechanismus im konkreten Fall der dominierende ist, das hängt von der Situation ab.
- Das Kabel wirkt als Antenne für elektromagnetische Wellen (Radiosignale)
- Die Störung koppelt über ein elektrisches Feld ein (kapazitive Kopplung)
- Die Störung koppelt über ein Magnetfeld ein (induktive Kopplung)
- Die Störung koppelt über eine gemeinsame Impedanz zwischen zwei Stromkreisen ein.
Gegen den ersten Mechanismus hilft eine gute Schirmung, und insbesondere die direkte Verbindung des Schirms mit dem Gerätegehäuse ohne Umwege. Das gilt gleichermaßen für symmetrische und für unsymmetrische Verbindungen. Beispiel ist hier das Handy neben dem Kabel.
Auch gegen kapazitive Kopplung ist die Schirmung das wichtigste Mittel. Das Prinzip ist hier der Faraday'sche Käfig.
Die Verdrillung der Drähte und die Impedanzsymmetrie ist die Hauptmaßnahme gegen die induktive Kopplung. Gegen niederfrequente Magnetfelder, wie sie von der elektrischen Verkabelung im Haus, von Trafos, oder von Hochspannungsleitungen kommen, hilft eine Schirmung nicht gut. Das ist der Grund warum man die Drähte verdrillt, und warum die Impedanzsymmetrie hilft.
Bloß: Bei Hifi ist magnetische Kopplung eher weniger das Problem. Und wenn es ein Problem ist, dann entsteht es meist schon innerhalb eines Gerätes, und externe Kabel haben damit nichts zu tun. Das Gerät, speziell der Netztrafo darin, ist die Störquelle, und sie wirkt innerhalb des Geräts auf die benachbarte Schaltung.
Für Hifi mit den kurzen Kabeln wäre es also in den meisten Fällen schon genug wenn die Verbindungen massefrei wären. Symmetrie im engeren Sinn ist gar nicht so wichtig. Cinch-Verbindungen sind aber nur selten massefrei, und das ist ihr Hauptnachteil. Nur finde ich daß wenn man der traditionellen Cinch-Verbindung den Tritt gibt, den diese überkommene Technik verdient hat, dann sollte man es gleich richtig tun. Also nicht nur massefrei, sondern auch korrekt symmetrisch. Dann hat man sämtliche Störmechanismen im Griff, auch das Handy. Daß das dann im Zweifel auch über 100 Meter Distanz funktioniert, gibt auch dann noch ein gutes Gefühl wenn man es nicht wirklich braucht.
5. Bei der symmetrischen Verbindung schließt man den Schirm an die Masse an.
Jein. Nicht alle Massen sind gleich. Man trifft immer noch zu oft den Fehler an, daß der Masseanschluß einer symmetrischen Verbindung mit der Signalmasse des Gerätes verbunden wird. Richtig wäre, die Gehäusemasse zu verwenden. Also den Massekontakt im Stecker direkt mit dem Gehäuse verbinden. Die Signalmasse hat am Stecker eigentlich nichts zu suchen, denn wegen der Differenzbildung wird sie als Referenz gar nicht gebraucht.
Das Problem dabei ist daß eine Verbindung mit der Signalmasse oft die im Schirm laufenden Störungen über die Signalmasse ins Innere eines Gerätes und in die Elektronik geleitet werden. Dort finden sie dann irgendwie ins Audiosignal. Außerdem kommen so die aus dem Antenneneffekt resultierenden Störungen ins Gerät. Zwei von vier Störmechanismen werden auf diese Weise immer noch zugelassen, darunter auch der wichtigste.
Es kommt also darauf an, mit welcher Masse der Schirm verbunden wird, oder anders gesagt auf welchem Weg diese Verbindung geschieht. Nur wenn das alles korrekt gemacht ist besteht Immunität gegenüber allen vier beschriebenen Mechanismen.
In Härtefällen ist es sogar sinnvoll, die Masseverbindung über einen Kondensator zu machen, um Gleichstrom und niederfrequente Wechselströme in Schach zu halten. Für Hifi sehr selten ein Problem, können solche Ströme bei größeren Distanzen ein Problem werden. Es gibt Fälle wo bei einer Kabelverbindung zwischen getrennten Gebäuden so große Ströme im Schirm fließen daß das Kabel merklich warm wird. In solchen Fällen braucht's aber einen Fachmann der die beste Lösung ermitteln kann.
6. Symmetrische Verbindungen haben bessere Rauschabstände
Das kann man nicht so allgemein sagen. Wenn man eine vollsymmetrische Verbindung mit einer asymmetrischen Verbindung vergleicht, wenn alle anderen Bedingungen (wie z.B. Pegel) gleich sind, dann ist auch der Rauschabstand gleich. Man kann allerdings bei gleicher Betriebsspannung mit vollsymmetrischen Verbindungen den doppelten Pegel erreichen.
Eine vollsymmetrische Verbindung braucht aber zwei Verstärker, einen für das normale Signal und eines für das invertierte. Doppelter Aufwand. Alternativ könnte man auch eine asymmetrische oder impedanzsymmetrische Verbindung mit der doppelten Betriebsspannung betreiben. Dann braucht man nur einen Verstärker, aber der muß die doppelte Betriebsspannung aushalten. Kann sein daß das günstiger ist, oder auch nicht, je nach Situation. Ein eindeutiger Vorteil für die eine oder andere Lösung ergibt sich nicht.
Für den Laien heißt das, daß man ohne genauere Kenntnis der Details nicht beurteilen kann, welche Konstellation die besten Rauschabstände bietet. Für Hifi-Situationen sind die erreichbaren Rauschabstände bei beiden Varianten locker ausreichend, um im Zweifel andere Probleme dominant erscheinen zu lassen. Die Diskussion um die Rauschabstände ist hier also verfehlt.
Schluß
Symmetrische Übertragung ist überlegen, aber nur wenn sie auch korrekt und konsequent implementiert ist. Das ist eine ziemlich alte Weisheit, aber nicht jeder hat ein Interesse daß sie allgemein bekannt wird. Symmetrische Übertragung hat auch im Hifi-Bereich Sinn, aber aus anderen Gründen als viele zu glauben scheinen.
Stimmt, die Grounding Problematik ist nicht ganz "ohne".
AntwortenLöschenDie Kunst besteht darin, die ganzen Vor- und Nachteile in die richtige Relation zum angepeilten Marktpreis zu bringen.
Vielleicht wird dadurch mal etwas klarer, wenn Menschen davon reden, dass die ganze Kette stimmen muß, auch wenn sie nicht wissen, worauf der Erfolg einer gutklingenden Kette fußt.
Grüße vom Charly
....sagt ein Möchtegern-Entwickler, bei dem sich nun auch schon Lötstellen einpielen müssen...
AntwortenLöschenhttp://www.hififorum.at/forum/showpost.php?p=178042&postcount=15
Oha, Charly wird in seinem eigenen Forum zensiert. Wenn das mal gut geht :-D .
AntwortenLöschenHat die Charlotte das Crackpot-Forum jetzt auch übernommen??? Würde inzwischen eigentlich eh keinen Unterschied mehr machen.
AntwortenLöschenDem Christian Böckle einen herzlichen Glückwunsch zum heutigen Geburtstag.
AntwortenLöschenSo ohne Zoff ist es aber ziemlich fad hier.
AntwortenLöschenGibt es denn niemanden mehr, den man mal durch den Kakao ziehen könnte?
Auf der High-End Anfang des Monats in München gab's wohl ein "Streitgespräch" zum Thema Symmetrie, von dem der Tonmitschnitt inzwischen online ist. Wen's interessiert, der kann sich das hier anhören:
AntwortenLöschenhttp://www.highendsociety.de/deutsch/highend/player/mp3/STEREO_Streitgespraech-Michael_Lang_192.mp3
Ingo glänzte mit völliger Ahnungslosigkeit und Schwurbelprosa. Schlimm. Was hatte der da überhaupt zu suchen?
AntwortenLöschenIngo war ja der einzige Vertreter pro Asymmetrie, ohne so jemandem wird's kein Streitgespräch. Aber auch so wird's natürlich eine einseitige Sache, wenn selbst den absoluten Laien klar werden muß daß der Mann keinerlei Argumente hat.
AntwortenLöschenEine peinliche Vorstellung in meinen Augen...