Es ist viel passiert seit meinem letzten Beitrag hier im Blog. Die Bilder der Naturkatastrophe in Japan haben mich ziemlich erschüttert, aber nach einer Weile geht der Verstand dann doch wieder in den Normalbetrieb über, und die emotionale Überwältigung macht Platz für nüchternere Gedanken darüber was da eigentlich passiert ist und noch passiert, was das für uns und für die Welt bedeutet, und welche Schlüsse man daraus ziehen soll.
Für's Erste aber scheint mir daß anstatt der nüchternen Überlegung eher die Reflexe Hochkonjunktur haben. Schon ehe die Erde in Japan bebte war mir das auf den Senkel gegangen, denn ich hatte es mit Leuten zu tun, die bei der Lektüre meines letzten Blog-Beitrags nicht über den ersten Satz hinaus gekommen waren, und offenbar meinten das reiche schon für eine Beurteilung.
Das wurde dann schnell von größeren Fragen überschattet, als die Katastrophe über Japan hereinbrach. Wie im Kleinen so im Großen, zumal in der Politik. Wieder Reflexe wo man hinschaut. Wobei ich die aus dem Volk diesmal für gar nicht so besorgniserregend halte wie die aus der Politik. Es hat zwar eine ziemlich heftige Gewichtsverschiebung bei den kürzlichen Landtagswahlen gegeben, aber wenn man sich die Ergebnisse genauer anschaut, dann scheint das Ausschlaggebende gewesen zu sein daß eine größere Zahl von Leuten zur Wahl gegangen sind, die letztes Mal nicht hin gegangen waren. Die Wähler, die von einer Partei zur anderen gewechselt haben waren viel weniger.
Das paßt zur Tatsache daß in Deutschland auch schon vor dem Erdbeben in Japan eine mehrheitliche Ablehnung der Kernkraft da war, und daß wohl viele Leute einfach an der Politik verzweifelt sind, die nicht dazu zu kriegen war die Energiewende auch konsequent anzupacken. Kaum hatte man mal (nach Jahrzehnten der Diskussion!) einen konkreten Ausstiegsplan, und der Ersatz durch alternative Energiequellen ging sogar besser voran als gedacht, da dreht eine neue Regierung das Rad wieder zurück und gewährt Laufzeitverlängerungen. Daß sich da Leute von der Politik und von Wahlen abwenden wundert mich nicht. Fukushima hat daher womöglich im Volk gar kein so großes Umdenken bewirkt, aber es hat Leute mobilisiert, ihrem auch vorher schon vorhandenen, frustrierten Willen mehr Geltung zu verschaffen. Man sollte nicht vergessen daß das Thema in Deutschland seit über 30 Jahren köchelt.
Ich denke das ist der Hintergrund für die Reflexe, die man besonders bei den Regierungsparteien in Stuttgart und Berlin in den letzten Wochen beobachten konnte. Aber sie haben sich damit eben auch keinen Gefallen getan, denn sie haben damit demonstriert wie zynisch sie mit dem Wählerwillen umgehen. Daß sie in Sachen Kernkraft viele Jahre lang gegen den expliziten Willen des Volkes agiert und entschieden haben, und der Wille des Volkes in diesem Themengebiet bloß in Sonntagsreden vorkam. Und daß ihnen das klar war zeigt die hektische 180°-Wende auch. Sie wußten daß das Thema zu weit nach vorn gerückt war um von anderen Themen überschattet zu werden, und daß sie mit der bisherigen Strategie nicht mehr würden reussieren können.
Ich meine sie wären besser beraten gewesen sie hätten dem Reflex widerstanden und hätten den bisherigen Kurs erst einmal beibehalten. Sie hätten die Wahlen vielleicht noch ein wenig krasser verloren, aber hätten sich wenigstens einen Rest Glaubwürdigkeit bewahrt oder auf längere Frist gar zurückerobert.
Jetzt müssen sie auf Teufel komm raus eine neue Faktenlage postulieren, die es im Grunde überhaupt nicht gibt. Jedenfalls keine neue
sicherheitstechnische Faktenlage, und genau damit wurde ja das dreimonatige Moratorium begründet. Die Kernkraftwerke sind so sicher oder unsicher wie vorher auch. Und man kann nicht so tun als wäre es einem erst jetzt eingefallen nach Szenarien zu suchen in denen die bisher vorgesehenen Sicherheitsmechanismen versagen. Gerade in Deutschland diskutiert man darüber schon seit Beginn der Auseinandersetzungen um die Atomkraftwerke. Wir wissen schon lange daß es Szenarien gibt, bei denen unsere eigenen Kraftwerke versagen würden. Die interessante Frage ist eher, welche dieser Szenarien gesellschaftlich toleriert werden können und welche nicht.
Eine neue Faktenlage liegt höchstens beim Thema dieser Toleranz vor. Man könnte behaupten daß mit dem Unglück in Japan eine Verschiebung der gesellschaftlichen Toleranz eingetreten ist. Aber selbst das würde ich in Frage stellen. Ich glaube die Gesellschaft hat auch schon vor dem Fukushima-Unglück keine Toleranz für solche Risiken gehabt. Fukushima hat bloß vorgeführt, daß die Risiken real sind, und nicht bloß eine abstrakte Zahl auf dem Papier irgend einer Studie.
Es kann daher gut sein daß der Moratoriums-Reflex außer der Glaubwürdigkeit der Politiker auch noch einen Haufen Geld kosten wird, denn wenn ein Gericht entscheidet daß es keine ausreichende Änderung der Faktenlage gegeben hat, dann steht den Kraftwerksbetreibern Schadenersatz zu, und den muß letztlich die Allgemeinheit zahlen.
Mehr noch als das macht mir jedoch Sorgen, daß mit der Moratoriums-Argumentation im Grunde der Versuch verbunden ist, das Thema Reaktorsicherheit - wie schon so oft - zu einem
technischen Problem zu erklären. An dieser Stelle trifft sich die Sache mit einem anderen Reflex in der Gesellschaft, der das Versagen einer technischen Anlage gleich zum Versagen der Technik (oder gar der Wissenschaft) erklären will. Ich halte das für fatal, und geradezu für eine Ursache solcher Probleme. Und zwar nicht deswegen weil ich Technik und Wissenschaft für fehlerfrei halten würde, das sind sie bestimmt nicht, sondern weil man dadurch dazu neigt, die Augen vor noch viel wichtigeren Problemen zu verschließen. Und bei der Kernkraft
sind diese anderen Probleme in meinen Augen viel wichtiger.
Reaktorsicherheit ist zwar durchaus
auch ein technisches Problem. Aber bei der ganzen Diskussion muß man sich im Klaren sein daß selbst simple technische Systeme nicht völlig sicher sein können. Es gibt bei Allem ein "Restrisiko", von dem man oft noch nicht einmal genau sagen kann wie groß es ist. Z.B. leben wir in Deutschland wohl fast alle in Häusern, die ein Beben wie das in Japan nicht überstehen würden. Würde so etwas bei uns passieren, dann hätten wir es mit Sicherheit mit zahlreichen Todesopfern zu tun. Wir glauben aber dieses "Restrisiko" eingehen zu können, weil wir in einer seismisch weniger problematischen Region leben. Vorher wissen kann man's aber nicht, wie man immer wieder sieht.
Man könnte natürlich erbebensicherer bauen, das wäre eine
technische Lösung für das Problem. Man muß dazu bloß festlegen, für welchen Fall man die Häuser auslegen will, und kann dann für diesen Fall das Haus ausreichend stabil machen, so daß es stehen bliebt und die Leute darin nicht umbringt. Im Grunde bedeutet das, daß man das Haus für ein "Größtes Anzunehmendes Beben", ein GAB, sicher macht.
Daran machen sich zwei sehr wichtige Dinge fest, die man bei jeder Diskussion um technische Sicherheit im Auge behalten muß, die aber offenbar in der öffentlichen Diskussion nicht zur Geltung kommen - ich habe sogar oftmals den Eindruck daß damit sogar die Journalisten überfordert sind:
- Die Entscheidung darüber, was man als die maximale "Belastung" annimmt für die man die technische Konstruktion auslegen will, ist willkürlich. Es gibt keine natürliche Grenze die sich automatisch anbieten würde. Irgendwo muß man bewußt die Grenze ziehen, und das heißt auch daß sie irgendwer ziehen muß. Dieser Irgendwer hat Interessen, und diese Interessen werden zwangsläufig in die Entscheidung einfließen.
- Technische Sicherheitsmaßnahmen kosten Geld. Womöglich sogar sehr viel Geld. Da Geld nicht beliebig vermehrbar ist, stellt sich immer die Frage der möglichst sinnvollen Verwendung der vorhandenen Mittel. Das Geld was man an einer Stelle investiert, hat man an anderer Stelle nicht mehr zur Verfügung. Geld das man in Sicherheitstechnik investiert hat produziert erst einmal nichts. Ein Haus das für ein Beben der Stärke 9.0 ausgelegt wird, ist viel zu teuer wenn so ein Beben niemals auftritt. Bis zu welchem Punkt kann man da von jemandem verlangen daß er sein Geld auf diese Weise "unproduktiv" ausgibt? Produktiv wird das Geld im Grunde nur dann wenn der "Auslegungsfall" auch tatsächlich eintritt, was weder wünschenswert noch besonders wahrscheinlich ist.
Man hätte die japanischen Reaktoren bestimmt auch so bauen können daß sie das jüngste Erdbeben und den darauf folgenden Tsunami überstanden hätten. Sie hätten dann bloß wesentlich mehr Geld gekostet. Für mich bedeutet das, daß die Reaktorsicherheit letztlich
eben kein technisches Problem ist, sondern ein
gesellschaftliches Problem. Man tut sich überhaupt keinen Gefallen wenn man es in der Diskussion zu einem technischen Problem macht. Und dazu noch tut man der Technik bzw. den Technikern damit unrecht.
Ein GAU ist der "größte
anzunehmende Unfall", was darauf hindeutet daß es ein Fall ist mit dem man rechnet, und für den man die Anlage technisch auslegt. Die Katastrophe ist das folglich noch nicht.
Erst ein noch größerer Unfall bringt dann die Katastrophe, und den nennt man hierzulande salopp den "Super-GAU", ein Begriff der nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt. Egal wie man's nennt: Diese zwei Begriffe, bzw. das was sie bedeuten, trennt eine Linie die irgendwer einmal mehr oder weniger willkürlich gezogen hat. Wo diese Linie hingehört, ist meiner Meinung nach eine zu wichtige Frage als daß man es Gutachtern und Spezialisten überlassen könnte, denn das ist keine technische Frage, sondern eine der gesellschaftlichen Akzeptanz und gehört vor diesem Hintergrund diskutiert.
Wer das liest könnte dem Reflex verfallen, ich wäre ein Kernkraftbefürworter. Daß man mir das zutrauen würde bezweifle ich nicht, schließlich texte ich ja auch sonst öfter gegen den Trend und die "politische Korrektheit". Aber ich bin schon vor 30 Jahren in Menschenketten gegen Atomkraft gestanden und habe meine Meinung seither auch nicht wesentlich geändert. Die technische Sicherheit oder Unsicherheit der Reaktoren steht dabei für mich allerdings nicht im Vordergrund, Tschernobyl und Fukushima zum Trotz, die sich beide seither ereignet haben. Ich lehne die Kernkraftnutzung vor allem aus zwei Gründen ab, die mit der Technik eher indirekt zu tun haben:
- Die Problematik der radioaktiven Abfälle. Ich halte dieses Problem nicht für zufriedenstellend lösbar, und ich halte es für unverantwortlich die Nachwelt mit so etwas zu belasten.
- Ich halte diese Technik für gesellschaftlich nicht tragbar.
Während ich zum ersten Punkt nichts weiter zu sagen brauche, muß ich den zweiten wohl etwas genauer erklären:
Man kann bei jeder technischen Anlage zwar ein bestimmtes Maß an Sicherheit oder Robustheit gegenüber abnormen Belastungen einbauen. Das macht die Anlage aber nicht automatisch sicher. Es kommt immer auch darauf an wie sich die Betreiber der Anlage verhalten. Damit meine ich das Betriebspersonal, aber durchaus auch die Besitzer der Anlage, und das Management.
Das Betriebspersonal verliert womöglich über die Jahre, wenn die Routine sich einschleift, den Blick für die Risiken, und es schleichen sich Unvorsichtigkeiten, Schlamperei und Bequemlichkeit ein. Prozeduren werden "abgekürzt", Fehler weniger ernst genommen als es nötig wäre, Vorschriften werden "kreativ" ausgelegt. Wer sich Berichte über in der Vergangenheit stattgefundene Unglücke und Störfälle genauer ansieht wird regelmäßig finden daß solche Faktoren dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.
Das Management steht unter dem Druck, den Gewinn des Anlagenbetriebs zu maximieren. Das ist nicht unbedingt bloße Gier und Eigeninteresse, denn die Firmen sind in der Regel Aktiengesellschaften, und der Gewinn wird von den Aktionären schlicht und einfach eingefordert. Dazu gehören in der Regel auch eine ganze Menge von Kleinaktionären aus dem normalen Volk, die direkt und über Aktienfonds daran mitverdienen. Das heißt es wird am Betriebspersonal gespart so weit es geht, sei es indem man die Zahl der Leute minimiert, oder an ihrer Qualifikation und Ausbildung spart. Und es wird an den Betriebskosten gespart, indem man Reparaturen hinausschiebt, und indem man generell kreativ dabei ist den Spielraum auszunutzen, den die Vorschriften bieten.
Um so etwas zu verhindern, muß man unabhängige Kontrollen einführen, und ein Kräfteverhältnis schaffen das die nötigen Maßnahmen auch wirksam erzwingen kann. Das Problem dabei ist, daß auch diese Struktur einer gewissen Erosion unterworfen ist. Schon bei der Einrichtung der Kontrollbehörden sind ja Interessen im Spiel, und diejenigen die kontrolliert werden sollen versuchen Einfluß darauf zu nehmen, was die Kontrolleure dürfen und was nicht. Zusätzlich bleibt es nicht aus daß sich Kontrolleure und Kontrollierte kennenlernen und sich eine gewisse Verfilzung ergibt, zumal es dabei ja auch um viel Geld gehen kann. Es reicht schon wenn eine Kontrolle auf diese Art im Voraus rechtzeitig beim Kontrollierten bekannt wird, und schon kann diese Kontrolle nutzlos sein.
Eine kerntechnische Anlage wird für eine Gebrauchsdauer von mehreren Jahrzehnten gebaut, und das bedeutet daß die beteiligten Personen sich ggf. über ihr gesamtes persönliches Berufsleben hindurch kennen. Zudem hat eine Regierung, die für die effektive Kontrolle der Anlage zuständig sein sollte, in der Regel selbst ein Interesse daran daß die Anlage läuft, und ist daher womöglich geneigt ein oder zwei Augen zuzudrücken. Dazu muß man noch keine Korruption unterstellen, das ist schon aufgrund der Interessenlage so. Umso mehr noch ist die Unabhängigkeit in Frage gestellt wenn Korruption noch hinzu kommt, was angesichts der in Frage stehenden Summen nicht ganz so unwahrscheinlich ist wie man es wohl gern hätte.
Es ist daher gar nicht so einfach, eine gesellschaftliche Kontrolle der Reaktorsicherheit zu installieren, die über die Betriebsdauer der Anlagen hinweg ausreichend wirksam bleibt. Ich bin der Überzeugung daß wir hier in Deutschland einen relativ sicheren Betrieb der Anlagen haben, nicht etwa weil diese technisch auf einem hohen Stand wären, wie immer wieder suggeriert wird, sondern weil entsprechender gesellschaftlicher Druck vorhanden ist, wie er in vielen anderen Ländern fehlt. Und wenn sie tatsächlich
technisch sicherer sein sollten als anderswo, dann ist das ebenfalls diesem gesellschaftlichen Druck geschuldet, und nicht etwa besseren technischen Fähigkeiten der Ingenieure hierzulande. Um es salopp auszudrücken: Nicht Siemens macht die Reaktoren sicherer, sondern die Atomkraftgegner.
Wir können uns aber nicht dauerhaft als Gesamtgesellschaft vom Vorhandensein einer solchen kritischen und aktivistisch ausgerichteten Protestszene abhängig machen. Die gesellschaftliche Akzeptanz der teils recht militanten Protestaktionen hängt ja ebenfalls an einem seidenen Faden, und man muß es schon als einen Glücksfall ansehen daß über die langen Jahre dieses Thema genug im breiten Volk verankert geblieben ist, daß die Protestbewegung eben nicht einfach vom Tisch gewischt werden konnte, wie das eine Menge von Industriemanagern und Politikern liebend gerne getan hätten. Vielleicht ist es an dieser Stelle daher angebracht mal inne zu halten und sich bewußt zu werden was wir dieser Protestbewegung eigentlich verdanken, und wie viel näher wir ohne sie an dem wären was im Augenblick die Japaner plagt.
Vielleicht ist es auch angebracht, hier die Querbeziehung zu knüpfen zu einem anderen Thema, das in den 1980er Jahren groß in der Diskussion war: Der Datenschutz. Der war als Folge durch die daraufhin geschaffenen Gesetze auf einem im internationalen Vergleich sehr hohen Niveau. Bloß ist das öffentliche Interesse daran ziemlich zurückgegangen, mit der Folge daß inzwischen auf diesem Feld vieles im Argen liegt. Teils ist das darauf zurückzuführen daß damals der Datenschutz als ein Konfliktthema zwischen dem Bürger und der Obrigkeit aufgefaßt wurde, und das Verhältnis zwischen Konsument und den Unternehmen kaum beachtet wurde. Wäre das Thema aber präsenter geblieben in der Diskussion, hätte man sicher auch eher nachgebessert. Diese Thematik zeigt daß Sicherheitsdenken und Kontrollstrukturen wesentlich schneller erodieren können, wenn das gesellschaftliche Interesse nachläßt, als man wegen der Lebensdauer der betroffenen Strukturen wollen würde.
In einem Satz: Selbst wenn die Reaktoren nach bestem technischen Können sicher wären,
gesellschaftlich sind sie nicht sicher zu kriegen. Angesichts des Ausmaßes in dem die Öffentlichkeit und Umwelt beeinträchtigt wird, wenn es schief geht, ist so etwas gesellschaftlich nicht tragbar.
Und noch ein Aspekt ist wichtig, der seinen Einfluß hat, auch wenn überhaupt nichts schief geht:
Die Kernkraft ist eine Technik, deren Eigenschaften es im Grunde erzwingen daß sie als Großtechnologie betrieben wird. Mehr noch: Die Gesellschaft wird immer für die Restrisiken haften müssen, darum wird auch kein Versicherer eine Haftpflichtversicherung für so ein Kraftwerk anbieten können. Der Versicherungsfall kann ja, wie man sieht, eine Dimension erreichen die eine ganze Volkswirtschaft vor große Probleme stellt. In Deutschland wird ebenfalls deutlich daß auch im Normalfall der Staat herangezogen wird, um den Betrieb sicherzustellen. Die Polizei wird z.B. für die Sicherung der Castor-Transporte beschäftigt.
Letzlich heißt das, daß ein Kernkraftbetreiber ein Druckmittel in der Hand hat, das er gegen den Staat, die Gesellschaft und die Bürger einsetzen kann, was eine andere Technologie nicht in dieser Form auslösen würde. Und es heißt, daß unvermeidlicherweise die Gesellschaft einen Teil des Risikos tragen muß für etwas, woraus der Kraftwerksbetreiber den Profit macht. Das ist keine gesunde Situation, und als Bürger müßte man eigentlich ein starkes Interesse daran haben daß man solche Abhängigkeiten möglichst vermeidet. Ich bin überzeugt davon daß die großen Schwierigkeiten, die man hierzulande hat, die Politik dazu zu bringen die Kernkraftnutzung zu beenden, mit genau diesem Abhängigkeitsszenario zu tun hat.
In Japan hat man diese Abhängigkeiten zwischen Kraftwerksbetreiber und Regierung plastisch vorgeführt bekommen. Es war schon fast körperlich spürbar wie sehr die Regierung und mit ihr das ganze Volk letztlich von einer Firma abhängig war und noch ist, ohne die sie noch nicht einmal zuverlässig erfahren konnte wie die Lage ist. Eine Firma zudem, die nicht den Eindruck macht als ob eine offene und halbwegs vollständige Information der Regierung, geschweige denn der Öffentlichkeit, überhaupt in ihrem Interesse liegt. Und es ist anzunehmen daß das im Ernstfall in Deutschland kein bißchen besser wäre. Vertuschung und Verharmlosung sind auch hierzulande keine Unbekannten, wie schon das Beispiel Vattenfall zeigen dürfte.
Völlig unabhängig von CO
2-Bilanzen und der Klimadiskussion ist der wichtigste Grund pro erneuerbare Energien für mich daher der, daß es dezentralere Formen der Energiegewinnung sind, die weniger anfällig für Monopolistengehabe und Kollektivhaftung sind. Also ein
struktureller, gesellschaftlicher Grund, und wieder nicht ein
technischer Grund.
Ich fände daher daß es an der Zeit ist, die eigentlich wichtige Frage zu diskutieren, nämlich ob und in welcher Form wir die Nutzung der Kernkraft mit ihren gesellschaftlichen Implikationen akzeptieren können. Die Frage der technischen Sicherheit ist trotz der Ereignisse in Fukushima dabei ein ziemlich begrenztes Einzelproblem. Dazu gehört daß man mal die verständlichen Reflexe aller Beteiligten etwas beiseite schiebt, und nicht mehr auf Kernschmelzen und Strahlenwerte glotzt, nicht mehr glaubt mit Moratorien und Sicherheitsdiskussionen weiter zu kommen, und stattdessen darüber redet wie man sich seine Gesellschaft eigentlich vorstellt, und ihre Energieversorgung. Man könnte dabei zum Schluß kommen, daß nicht bloß Kernkraftwerke ein Auslaufmodell sind, sondern mit ihnen gleich auch staatlich protegierte börsennotierte Energiemonopolisten, für die man im Ernstfall ja doch die Kohlen (oder die Brennstäbe) aus dem Feuer holen müßte.
Für
Kommentare, Ihr wißt schon...