Samstag, 25. Februar 2012

Heiß und leer

Audiophile sind Nostalgiker. Wie sonst könnte man auf die Idee kommen, Röhren wären die besseren Bauelemente für Verstärker?

Die Vorstellung, eine Röhre könne Audio reiner, klarer und besser verstärken als z.B. ein Transistor, ist doch schon im Ansatz widersinnig. Ich wundere mich immer wieder wieso das nicht offensichtlich ist.

Sehen wir doch mal was einem beispielhaften Elektron, das durch diese Bauelemente hindurch muß, dabei widerfährt.

In einer Triode kommt das Elektron zuerst in die Kathode, und wird dort gleich einmal auf Rotglut erhitzt, und dann rausgeschmissen. Und draußen ist's dann komplett leer! Vakuum! Grober geht's kaum, aber das ist erst der Anfang. Direkt in der Nähe ist ein Gitter, und das wirkt abstoßend, so daß das arme Elektron gleich wieder zurück zur heißen Kathode getrieben wird. Wer weiß wie oft das Elektron den Weg zurück in die Kathode machen muß, aus der es doch nur wieder rausgeschmissen wird, wie ein Betrunkener an der Bar, bevor es mal zufällig den Weg durch's Gitter findet? Das muß ja schon einmal höchst frustrierend sein!

Und kaum ist es durch's Gitter geschlüpft, wirkt auch schon die starke Anziehungskraft der Anode. Das arme Elektron wird unweigerlich mit immer größerem Tempo zu ihr hin gezogen, und schlägt da schließlich krachend ein. Die Anode wird heiß vom Geprassel der Elektronen auf der Oberfläche!

Und das soll die beste Methode sein, um zarte Klänge zu verstärken? Wer soll das glauben?

Wieviel schonender da doch ein Transistor arbeitet!

Es fängt schon damit an, daß es da weder heiß noch leer ist. Das Elektron darf drin bleiben, und es wird bloß ein Durchgang schmaler oder breiter, auf dem Weg des Elektrons ins Ziel. Keine grobe Behandlung, kein Aufschlagen auf irgendwelchen Oberflächen nach dem freien Fall durch das Nichts. Ist das nicht die wesentlich zivilisiertere Behandlung empfindlicher Signale? Ist das nicht der würdigere Umgang mit dem Heiligtum des Audiophilen?

Vielleicht sollte sich so mancher Audiophile beim Blick auf die warm glimmenden Röhren in seinem Verstärker einmal Gedanken darüber machen, was die Elektronen da drin gerade durchmachen. Es ist doch nur die Tatsache, daß man sie nicht sehen kann, die einen dabei ruhig schlafen läßt! Aus den Augen aus dem Sinn!

Es ist höchste Zeit, diese Leute einmal wachzurütteln, zumal es heute keine Notwendigkeit mehr für solch barbarische Technik gibt. Man hat im Umgang mit Elektronen heute bessere Manieren entwickelt.


Oder bin ich der Einzige, dem Elektronen etwas bedeuten? Kommentare hier.