Das bekommen wir auf's Schönste vorgeführt beim aktuell köchelnden NSA-Skandal, seit Edward Snowden ein paar "Interna" ausgeplaudert hat, die einerseits niemanden überraschen sollten, der sich auch nur ansatzweise mit der Materie beschäftigt, andererseits aber regelrechte Ahnungslosigkeits-Orgien bei den damit befaßten Politikern auslöst. Man wälzt sich lustvoll im eigenen Nichtwissen wie das Schwein im Schlamm.
So zum Beispiel bei der Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, die auf SPD-Antrag am vergangenen Mittwoch stattfand. Man reibt sich geradezu die Augen was man dort alles nicht wußte. Wenn es nicht schon vorher klar gewesen wäre (siehe NSU), dann hätte man daraus den Schluß ziehen müssen, daß die deutschen Geheimdienste, und die dafür zuständigen Regierungsstellen, vollkommen unfähig sind.
Um diesen bedauerlichen Zustand zu beenden, wird eine niederrangige Delegation in die USA zu Kaffee und Kuchen geschickt, der sich jetzt auch der ohnehin schon vertrauensvolle Minister Friedrich anschließen will, wo sie bei den amerikanischen Freunden nett anfragen wollen, ob man nicht ein bißchen mehr darüber erfahren dürfte was da läuft. Bestimmt werden sie von dort mit der beruhigenden Nachricht zurückkommen, daß die Gastgeber ihnen versichert haben, es gehe alles streng nach Recht und Gesetz zu, auch wenn man aus verständlichen Gründen natürlich nicht alle Details werde offenlegen können (Interna sind Interna sind Interna, schrieb mir dazu Hüb' mal sehr treffend).
Davon ist Innenminister Friedrich ohnehin schon länger überzeugt, aber selbst die eher bürgerrechtlich angehauchte Justizministerin vertraut noch auf den Rechtsstaat in den USA, auch wenn sie nicht ganz zufrieden mit gewissen "dunklen Flecken" ist.
Recht und Gesetz ist im Großen und Ganzen allerdings noch immer eine öffentliche Angelegenheit, denn die meisten Staaten konnten sich noch nicht dazu durchringen, Gesetze für geheim zu erklären, was sicher einige Komplikationen im notorisch komplizierten und langwierigen Gesetzgebungsprozeß vermeiden helfen würde. Was die Kenntnis der rechtlichen Situation angeht, müßte es Ministern daher im Moment noch etwas schwer fallen, Ahnungslosigkeit vorzuschützen, es sei denn man tut so als verstünde man die juristische Situation selber nicht, was immerhin ein klein wenig Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, denn wir sind schon daran gewöhnt daß Politiker nicht verstehen was sie tun.
So kommt es, daß bei den Stellungnahmen besagter Minister üblicherweise der Aspekt untergeht, von welchem Recht sie gerade reden, und für wen das eigentlich gilt, und für wen nicht.
Konkretes Beispiel: Nehmen wir einmal hypothetisch und gegen jeden Anschein an, das NSA-Datensammeln habe sich wirklich im Rahmen von Recht und Gesetz abgespielt, so wie der Herr Friedrich das meint. Wenn man eine Hundertstelsekunde nachdenkt, dann kommt man zum Schluß, daß es sich dabei um das Recht und Gesetz der USA handeln muß. Nicht um das Deutsche oder das Europäische. Das amerikanische Gesetz wurde vom amerikanischen Parlament verabschiedet, das aus Abgeordneten besteht, die von Amerikanern gewählt wurden, und das den Interessen der Amerikaner verpflichtet ist. Wir Deutsche und Europäer spielen dabei keine Rolle. Wir hatten bei der Gesetzesentstehung keine Mitwirkung, und wir haben aus dem Gesetz keine Rechte. Wenn uns aus der rechtmäßigen Tätigkeit der NSA ein Nachteil entsteht, dann ist das der amerikanischen Justiz egal. Wir sind Freiwild. Mit uns darf die NSA und die US-Regierung machen was sie will.
Was haben wir dann davon daß in den USA alles nach Recht und Gesetz zugeht? Was haben wir davon daß die USA eine Demokratie und ein Rechtsstaat sind? Wieso ist das in diesem Zusammenhang dann überhaupt erwähnenswert, Ihr Frauen und Herren Minister?
Wir müssen uns geradezu glücklich schätzen, daß die NSA anscheinend sogar die ziemlich laschen US-Regeln noch gebrochen hat, und sie die US-Amerikaner selbst stärker überwacht als sie dürfte. Nur deswegen kriegt sie ggf. eins auf den Deckel, aber ob es so weit kommt muß sich erst noch zeigen. Und selbst wenn sie deswegen eins auf den Deckel kriegen würde, brauchen wir uns nicht einzubilden daß wir in Europa davon in irgend einer Art und Weise profitieren.
Es gibt nur zwei Arten wie man zwischenstaatlich damit umgehen kann, daß solcherlei Recht und Gesetz eine nationale Sache ist, von der Ausländer nichts zu erwarten haben: Man kann internationale Verträge schließen, oder man kann Spionageabwehr betreiben.
Internationale Verträge kommen nur zustande, wenn beide Seiten was davon haben, und das Ergebnis hängt zum großen Teil von den Machtverhältnissen ab. Wer sich überlegen fühlt muß sich auf keine Kompromisse einlassen. Was das im Fall der USA bedeutet konnte man in den letzten Jahren vielfach beobachten. Wie sie z.B. mit der Schweiz in Sachen Steuerfahndung und Bankgeheimnis umgesprungen sind, wie mit der EU beim Thema Passagierdaten und Kreditkartendaten, und vieles mehr.
Spionageabwehr hat den Vorteil daß man sie auf eigene Faust betreiben kann und nicht auf die Kompromißbereitschaft anderer Staaten angewiesen ist. Aber gegenüber den USA würde das eine deutliche Abkühlung der bilateralen Beziehungen bewirken, an der man in der Politik kein Interesse hat. Die USA sind seit Jahrzehnten daran gewöhnt daß sie speziell in Deutschland nach Belieben schalten und walten können, und sie vor die Tür zu setzen wäre heikel. Zudem ist der unfähige deutsche Geheimdienst ja auch, wie Friedrich betont, auf "Zulieferungen" aus den USA angewiesen um seinen Job zu tun. Das würde natürlich sofort wegfallen.
Weil das beide Seiten wissen, bleibt es beim Verbalen. Wäre es Bundeskanzlerin Merkel ernst mit ihrem "das geht gar nicht", dann könnte sie z.B. ihren Freund und Friedensnobelpreisträger Barack Obama darum bitten, sämtliche NSA-Standorte in der Bundesrepublik zu schließen und die Abhörtechnik aus Deutschland zu entfernen. Daß die NSA auf deutschem Boden Abhöranlagen betreibt ist schließlich nichts Neues, und es wäre vollends lächerlich wenn sie auch das abzustreiten versuchte. Es ist z.B. noch keine 10 Jahre her, da wurde die Abhöranlage in Bad Aibling geschlossen und u.a. nach Griesheim verlegt. Nicht daß ich glauben würde daß das viel nützt: Ich bin überzeugt daß die USA deutsche Kommunikation im Notfall auch von den Nachbarländern und dem All aus überwachen könnte, und somit nicht mehr so dringend auf physikalische Präsenz in Deutschland angewiesen wäre, aber einfacher ist es so auf alle Fälle, und man muß ja nicht unbedingt Abhöranlagen auf dem eigenen Territorium dulden, wenn man weiß daß sie gegen die eigenen Interessen eingesetzt werden.
Wie viel von der demonstrativen Ahnungslosigkeit zu halten ist zeigt übrigens die Echelon-Geschichte von vor über 10 Jahren ganz deutlich. Damals ging es nämlich im Grunde um genau das Gleiche wie heute. Die Anlage in Bad Aibling wurde letztlich infolge einer EU-Untersuchung geschlossen, die zum Ergebnis kam daß der Zweck der Anlage wahrscheinlich zu einem beträchtlichen Teil in der Wirtschaftsspionage zu suchen ist. Es lohnt aus dem zwölf Jahre alten Bericht (nota bene: das war noch vor dem Terrorangriff auf New York und Washington, und damit dem "war on terror") einige Zeilen zu zitieren:
Das mit ECHELON bezeichnete Abhörsystem unterscheidet sich von anderen nachrichtendienstlichen Systemen dadurch, dass es aufgrund zweier Eigenschaften eine ganz besondere Qualität aufweisen soll:Man erkennt, daß das heutige Prism-System, und das als Tempora in Großbritannien aufgedeckte System, nichts weiter als eine Fortsetzung und Weiterentwicklung des damaligen ECHELON-Systems sind. Es ist ein Dutzend Jahre ins Land gezogen, in dem die Technik weiterentwickelt wurde, und es kam mit dem "war on terror" ein konsequent genutzter Grund bzw. Vorwand dazu, das System stärker auszubauen und rechtliche Hindernisse zu seinem Einsatz zu beseitigen oder zu umgehen.
Als Erstes wurde ihm zugeschrieben, dass es die Fähigkeit zur gleichsam totalen Überwachung habe. Vor allem durch Satellitenempfangsstationen und Spionagesatelliten solle jede durch Telefon, Telefax, Internet oder E-Mail von gleich welcher Person übermittelte Nachricht abgefangen werden können, um so von ihrem Inhalt Kenntnis zu erlangen.
Als zweites Merkmal von ECHELON wurde angeführt, dass das System durch das anteilige Zusammenwirken mehrerer Staaten (dem Vereinigten Königreich, der USA, Kanada, Australien und Neuseeland) weltweit funktioniert, was gegenüber nationalen Systemen einen Mehrwert bedeutet: Die am ECHELON-System teilnehmenden Staaten (UKUSA-Staaten9) können sich ihre Abhöreinrichtungen gegenseitig zur Verfügung stellen, für den daraus erwachsenden Aufwand gemeinsam aufkommen und gewonnene Erkenntnisse gemeinsam nutzen. [...]
Mögliche Gefährdungen für Privatsphäre und Wirtschaft durch ein System vom Typ ECHELON gehen aber nicht nur davon aus, dass es ein besonders starkes Überwachungssystem ist. Vielmehr kommt hinzu, dass es im weitgehend rechtsfreien Raum agiert. Ein Abhörsystem für internationale Kommunikation zielt meistens nicht auf die Bewohner des eigenen Landes. Der Abgehörte verfügt dann als Ausländer über keinerlei innerstaatlichen Rechtsschutz. Das Individuum ist diesem System daher völlig ausgeliefert. Die parlamentarische Kontrolle ist in diesem Bereich ebenfalls unzulänglich, da die Wähler, die davon ausgehen, dass es nicht sie, sondern nur Personen im Ausland trifft, kein besonderes Interesse daran haben, und die Gewählten in erster Linie die Interessen ihrer Wähler verfolgen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die im US-amerikanischen Congress stattgefundenen Anhörungen zur Tätigkeit der NSA sich lediglich um die Frage drehen, ob auch US-amerikanische Bürger davon betroffen seien, die Existenz eines solchen Systems an sich aber nicht weiter Anstoß erregt. Umso wichtiger erscheint es, sich auf europäischer Ebene damit auseinander zu setzen.
Vor diesem Hintergrund sollte auch die Reaktion der britischen Regierung nicht verwundern, die deutsche Auskunftsersuchen kalt abblitzen ließ. Sie gehören seit Langem mit dazu, und die Zusammenarbeit zwischen Briten und Amerikanern bringt handfeste Vorteile für beide Seiten, wenn mal ein nationales Gesetz ausgehebelt werden soll: Wenn ein Land seine eigenen Bürger ausspionieren will, das aber aufgrund eigener Gesetze nicht dürfte oder umständliche Erlaubnisprozeduren durchlaufen müßte, dann kann man das den transatlantischen Partner machen lassen. Wir haben ja gesehen, daß Ausländer rechtlos sind. So wenig wie wir uns wehren können wenn uns die Amerikaner aushorchen, so wenig können das die Briten. Und natürlich gilt das auch umgekehrt.
Ein ganz so inniges Verhältnis pflegen unsere eigenen Geheimdienste offenbar nicht mit den Amerikanern, aber ein gewisser Neid dürfte da schon immer vorhanden gewesen sein, und man kann die Aussagen von Minister Friedrich, daß wir von den Amerikanern immer wieder auch nützliche Informationen kriegen, auch dahingehend deuten, daß man in Geheimdienstkreisen durchaus verstanden hat, was man mit so einem System und so einer Zusammenarbeit alles anfangen kann, und lieber halb drin als ganz draußen ist.
Selbst wenn das Gedächtnis bei Politikern keine 10 Jahre zurück reichen sollte, so hätten doch Nachrichten über den Bau eines riesigen NSA-"Rechenzentrums" in Utah, die voriges Jahr durch die Medien gingen, wenigstens für einen Moment die Überlegung auslösen können, was die Amerikaner denn wohl damit vorhaben. Daß dieser enorme Aufwand ausschließlich zur Terrorbekämpfung da sein soll wird wohl kaum einer ernsthaft geglaubt haben.
Wir sehen, daß man sich als Politiker schon eine Menge Mühe gegeben haben muß, keine Ahnung zu haben. Kein Wunder daß man den Informanten Snowden nicht hier aufnehmen will, hat der doch dafür gesorgt daß die ganze Mühe umsonst war. Er war noch nicht einmal so nett und hat sich als skrupelloser Spion geoutet, oder als Weiberheld wie Assange. Stattdessen zeigt er Gewissen! Da wird es schon ganz schön schwierig, ihn medial hinzurichten, obwohl es natürlich an Versuchen nicht fehlt, angefangen damit daß man versucht, ihn als Spion hinzustellen.
Zum Glück ist der bolivianische Präsident Morales nicht über Deutschland geflogen und hier gelandet. Man stelle sich vor was passiert wäre, wenn Snowden tatsächlich in der Maschine gewesen wäre! Er wäre unversehens auf deutschem Boden gewesen und man hätte seinen Asylantrag bearbeiten müssen! Es ist verständlich, daß Portugal das nicht riskieren wollte, wo ja anscheinend ursprünglich eine Zwischenlandung geplant war. Ich verstehe ohnehin nicht warum man so selbstverständlich davon ausgeht, daß da die USA interveniert haben. Ich glaube das war gar nicht nötig. Den beteiligten Ländern war auch so klar in welch heikle Lage sie kommen wenn bei einer Zwischenlandung auf ihrem Territorium der Herr Snowden aus der Maschine spaziert wäre und sich bei den Behörden vorgestellt hätte!
Ich vermute daher, das ging wie ein Dominospiel: Es war klar daß die Maschine irgendwo zwischenlanden mußte, um Sprit nachzufüllen, und diese heiße Kartoffel wollte niemand haben. Zuerst war Portugal vorgesehen, und die haben abgeblockt. Dann fragte Morales bei den Nachbarländern an und blitzte auch dort ab. Schließlich nahmen ihn die Österreicher, aber von dort aus hätte es wahrscheinlich nicht mit einer Tankfüllung zurück nach Südamerika gereicht, so daß immer noch ein Platz zum Tanken gebraucht wurde, wovor die betreffenden Länder aber erst sicher sein wollten daß Snowden nicht dabei ist. Daß man dann auf die Kanarischen Inseln kam, die zu Spanien gehören, aber in gewisser Hinsicht nicht zur EU, mag daran liegen daß man sich auch nach erfolgter (und nach internationalem Recht unerlaubter) "Durchsicht" der Präsidentenmaschine nicht hundertprozentig sicher war, und so wenig Risiko eingehen wollte wie möglich.
Die USA brauchten sich im Grunde nicht extra einzumischen, denn die Drohkulisse war ja schon zuvor aufgebaut worden, und die beteiligten Länder konnten sich die diplomatischen Komplikationen auch selber vorstellen, die da drohten. Für mich ist das daher kein Zeichen für US-amerikanischen Imperialismus, sondern für Rückgratlosigkeit europäischer Staaten angesichts US-amerikanischer Interessen. Interessant ist in diesem Zusammenhang schließlich noch wie das Gerücht in die Welt kam, daß Snowden in der Maschine sein könnte. Ob das wohl der überhitzten Nervosität in einer oder mehreren westeuropäischen Regierungen geschuldet ist, oder ob da Putin's Truppe einen Hinweis fallen gelassen hat? Wenn es Letzteres war, dann ist ihm der Streich gut geglückt! Die europäischen Staaten haben sich gleich reihenweise lächerlich gemacht, und das aus gänzlich eigener Unfähigkeit! Inzwischen scheinen sie immerhin kapiert zu haben welches kapitale Geschoß sie da mit ihrem nervösen Finger in den eigenen Schenkel gefeuert haben. Aber wie immer in solchen Fällen hilft Ahnungslosigkeit: Wir wußten ja nicht... Mißverständnis... Bedauern.
Barack Obama meinte außerdem einige Tage zuvor, er werde wegen Snowden keine Jets schicken. Vielleicht wollte er ja Snowden damit signalisieren, er könne ruhig in ein Flugzeug steigen, er würde schon nicht abgefangen. Wie sich zeigt wären US-Jets auch gar nicht nötig gewesen, den Job übernehmen im Zweifel die "Verbündeten". Wäre Snowden auf diese Weise in Westeuropa gelandet, hätte entsprechender Druck dafür sorgen können, daß Obama ihn ausgeliefert kriegt ohne daß er gelogen hätte, und ohne daß er sonst einen Finger hätte krumm machen müssen.
Daß die EU hier in diesem Zusammenhang nicht weiterhilft sollte klar geworden sein. Die Briten sind ja Mitglied, und sitzen zugleich ganz eng im Boot mit den Amerikanern. Daß da keine einmütige Haltung heraus kommen kann liegt auf der Hand. Eine der ersten Aufgaben für die neue litauische Ratspräsidentin dreht sich um die Reaktion der EU auf die Spionage-Enthüllungen, und sie mußte gestern bekanntgeben daß es zunächst keine zwei Arbeitsgruppen geben wird, weil das von den Briten und den Schweden blockiert wurde.
Daß da die Schweden auch dabei waren erinnert mich an die Sache mit Julian Assange, der ja fürchtet von den Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wenn er sich in Schweden seinem Gerichtsverfahren stellt, und deshalb seit einem Jahr in der ecuadorianischen Botschaft in London festsitzt. Seine Sorge ist wohl nicht ganz unbegründet. Übrigens ist auch das wieder ein Beispiel dafür wie das mit dem Recht und dem Gesetz in internationalen Angelegenheiten so ist. Assange bekam letzten August von Ecuador politisches Asyl und müßte nach den internationalen Gepflogenheiten eigentlich nach Ecuador ausreisen können. Großbritannien erkennt aber das "Prinzip des diplomatischen Asyls" nicht an und will weiterhin Assange verhaften wenn er die Botschaft verläßt.
So wird klar daß trotz aller Menschenrechte und Konventionen, trotz Demokratie und Rechtsstaat, trotz transatlantischer "Freundschaft", ein Mensch kein durchsetzbares Recht mehr hat wenn er den staatlichen Interessen der USA und ihrer Vasallen in die Quere kommt. Nicht wenn er das durch eigenes Handeln heraufbeschworen hat, aber genausowenig wenn er ohne eigenes Zutun in die Mühle gerät.
Letzteres wird durch Fälle wie z.B. Khaled al-Masri, der einfach das Pech des falschen Namens hatte, wohl ausreichend deutlich. Seine Versuche, von den USA auf dem Weg der Klage irgendwelche Entschädigungen zu bekommen, sind fehlgeschlagen, hauptsächlich weil sich die USA auf die Wahrung von Staatsgeheimnissen beruft, und der Rechtsweg scheint ausgeschöpft. Lediglich Mazedonien wurde auf Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt, und zwar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der für die USA nicht zuständig ist weil die USA nicht zu den Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention gehören.
Auch in diesem Fall versuchten sich die verantwortlichen Politiker in Deutschland in Ahnungslosigkeitsbeteuerungen. Dabei kam heraus, daß der damalige Innenminister Otto Schily noch vor der Freilassung von al-Masri über den Vorgang informiert wurde, und Vertraulichkeit zusagen sollte. Unabhängig von der Parteizugehörigkeit der Minister zeigt sich folglich immer die gleiche Grundstruktur: Die transatlantischen Beziehungen sind im Zweifel wichtiger, und die dazu gehörige Geheimhaltung. Die Individuen, die zwischen diese Räder geraten, aus welchem Grund auch immer, werden als Kollateralschaden abgeschrieben. Ihnen die normalen Vorteile und Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit zugänglich zu machen würde die Geheimhaltung bedrohen, die so dringend nötig ist um ein zutiefst ungerechtes und unfaires System vor den Augen der Öffentlichkeit wenigstens notdürftig zu verbergen, und einen Anschein von staatlicher Rechtschaffenheit aufrecht zu erhalten, die in Wirklichkeit längst nicht mehr existiert. In zwischenstaatlichen Angelegenheiten gilt offenbar nach wie vor das Faustrecht, auch zwischen angeblich befreundeten Staaten.
Deutschland hat sich angesichts dieser Sachlage offenbar mit der Einsicht arrangiert, daß der beste Schutz vor der Faust der USA ein Platz in deren Hintern ist. So lange man nicht unbequem wird, bleibt man im Warmen, und wird gelegentlich mit Verdauungsprodukten der NSA versorgt, die man sich so schon nicht selbst zu erarbeiten braucht, womit die eigenen Geheimdienste ohnehin überfordert wären. Lediglich die Blähungen der USA führen immer wieder zu Komfortverlust, und führen dazu daß bei Manchen die Ahnungslosigkeitsfähigkeit überbeansprucht wird.
Auch wenn's diesmal nicht um HiFi ging, könnt Ihr für Eure Kommentare gerne den Thread im HF benutzen, schließlich sind wir dort im Café.