Donnerstag, 17. September 2009

Über die klangliche Wirkung von Lob

Audiophile vergleichen bekanntlich gern das Musik Hören über ihre Anlage mit anderen sensorischen Genüssen. Gerade beim Wein bleibt man vergleichsweise gern hängen. Besonders wenn in diesem Zusammenhang noch das Blödwort "Lifestyle" fällt. Wenn man für den Moment einmal darüber hinweg sieht daß da oft die Parallele zwischen dem Wein und der Anlage gezogen wird, was eine unsinnige Assoziation ist - wenn schon dann ist die Parallele zum Wein die Musik, und die Anlage vielleicht mit der Karaffe oder dem Glas assoziierbar - dann kann man in der Tat ein paar Parallelen finden.

Beim Thema Blindtest zum Beispiel werden solche Parallelen immer wieder zum Diskussionsthema. Das Urteil professioneller Weinkritiker hat bekanntlich eine erhebliche Auswirkung auf den wirtschaftlichen Erfolg besonders der Oberliga der Weingüter. Was ein Robert Parker oder ein Hugh Johnson schreibt übersetzt sich ziemlich direkt in bare Münze oder eben fehlende bare Münze für die betroffenen Winzer. Bei so viel konzentrierter Macht keimt automatisch das Bedürfnis auf, Fakt von Phantasie, Irrtum und Betrug zu scheiden. Zum Einen hat schließlich der Leser der Weinkritiken ein Interesse daran daß die Urteile auf die Qualität des Weines zurückgehen, und nicht etwa auf die Bestechung des Kritikers durch den Winzer. Zum Anderen werden die "unterlegenen" Winzer kaum ein unfaires Ergebnis einfach so hinnehmen wollen, es hängt ja ihr wirtschaftlicher Erfolg daran. Also greift man zu Blindverkostungen.

Jetzt hören wir ja ad nauseam von den Audiophilen, wie furchtbar so ein Blindtest die sensorischen Fähigkeiten verkrüppelt. Wenn man sich vorstellt wie sehr eine solche Verblindung bei einem Parker oder Johnson zu Ergebnisschuldungsstreß führen muß, dann fängt man an solche Leute dafür zu bewundern daß sie überhaupt noch etwas schmecken. Wobei, ehrlich gesagt bin ich mir nicht so sicher ob deren Kritiken durch solche Blindverkostungen zustande kommen. Ich würde es mir allerdings wünschen, denn wenn ich die Alternative des Langzeittests bedenke dann macht mir der Gesundheitszustand der Kritiker Sorgen. Wenn es wirklich so ist daß man sich über einen Saint-Julien nur ein Urteil machen kann wenn man eine Kiste davon in einem mehrwöchigen Langzeittest verkostet hat, und wenn ich das auf die Gesamtzahl der Weingüter hochrechne, die man in einem Buch dieser Kritiker bewertet findet, dann stelle ich mir den Zustand ihrer Leber in den schwärzesten Farben vor. Da ist es ein schwacher Trost daß es schlimmere Tode gibt als über einem Glas Grand Cru einzuschlafen.

Vielleicht ist es ja aber auch viel einfacher. Einen Hinweis darauf bietet eine Studie der ETH Zürich, die letzten Monat vorgestellt wurde. Sie legt nahe daß das Geschmacksempfinden davon abhängt, welches Urteil man vorher vom betreffenden Wein hatte. Kurz gesagt gab es mehrere Gruppen von Versuchsteilnehmern, die alle den gleichen Wein verkosteten. Eine Gruppe erfuhr vor der Verkostung die Punktebewertung von Parker. Eine weitere Gruppe erfuhr eine gefälschte schlechtere Punktebewertung. Zwei weitere Gruppen erfuhren die entsprechenden Punkte erst nach der Verkostung, aber noch bevor sie ihr Urteil abgeben sollten. Es stellte sich heraus daß der Wein bedeutend besser schmeckte wenn man vor dem Verkosten die bessere Bewertung kannte. Der gleiche Wein schmeckt besser wenn man vorher in seinem Parker geschmökert hat. Umgekehrt wirkt's nicht, also wenn der Wein schon drin ist hilft das Lesen der Weinkritik nichts mehr.

Ich bin davon überzeugt daß man das auf die Situation der Audiophilen übertragen kann. Ich empfehle daher, vor dem Hören einer Tonkonserve, sich sowohl die STEREO-Testberichte aller Anlagen-Bestandteile durchzulesen, als auch die positivste Plattenkritik, die man finden kann. Der Hörgenuß wird unvergleichlich sein.

20 Kommentare :

Reinhard hat gesagt…

hier gibts auch noch einen interessanten link zum Thema
http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?titel=Stunde+der+Wahrheit&id=63947536&top=SPIEGEL&suchbegriff=weintest&quellen=&qcrubrik=artikel

die Süddeutsche hatte ebenfalls vor einiger Zeit zum Thema Blindverkostung geschrieben.
Ich selbst hab ein paar Jahre Marktforschung gemacht, und die Ergebnisse bei der Blindverkostung war bei weitem nicht so schlecht wie man das gerne von Seiten der Blindtestgegner hätte.
Bei Zigaretten erkannten die Raucher annhähernd 100%, davon ist man bei Kabeln, Tuning &Co Meilen entfernt.

Vielleicht ist es einfach nur so mit dem Wein: die Anlage ist so schlecht, das man sie nur angedüdelt erträgt.. ;-)
(nicht ganz ernst nehmen.. )
viele Grüße
Reinhard

Anonym hat gesagt…

Wäre der Mensch darauf programmiert rein auf A/B Blind-Test alles zu beurteilen, so würden sicherlich die Augen, die Haut und andere Sinnes Wahrnehmungen massiv eingeschränkt oder zurück gebildet sein.

Sehen, Visuelle Wahrnehmung
Hören, Auditive Wahrnehmung
Riechen, Olfaktorische Wahrnehmung
Schmecken, Gustatorische Wahrnehmung
Tasten, Haptische Wahrnehmung

Die Sinne haben unterschiedliche Aufnahmekapazitäten. So werden über den Gesichtssinn pro Sekunde etwa 10 Millionen Sh aufgenommen, über den Tastsinn etwa 1 Million Sh, über den Gehörsinn etwa 100 000 Sh, über den Geruchssinn etwa 100 000 Sh und über den Geschmackssinn etwa 1000 Sh.

Aber wer unbedingt nur ein Bruchteil seiner Wahrnehmung einsetzen möchte soll dieses tun, nur nicht als die Wahrheit verkaufen.

Reinhard hat gesagt…

bei Audio ist alles anders ;-)

Anonym hat gesagt…

Hallo Anonym

Ich bin`s:
Auch Anonym
(also diesmal ganz sicher NICHT Herr Dr. Böckle!)

Nach wie vor ist mein Hauptaugenmerk auf die Durchführung von seriösen, wissenschaftlich fundierten Diskussionen gerichtet, die sich durch streng sachlich angeführte Argumentationsketten auszeichnen.

Nun.
Obwohl ich (nach einer hundertstelsekündigen Recherche) gesehen habe, daß Wicki Deine Ansichten scheinbar (d.h.: in einem völlig anderen Kontext) teilt, ist Halvar von Flake (also der Erziehungsberechtigte) strikt dagegen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sinn_(Wahrnehmung)
Anmerkung:
Auf der Wickie-Seite ist rechts oben (in Form eines Gemäldes) der sexte Sinn sogar aus fünf verschiedenen Perspektiven zu bewundern!
Anmerkung: Hechel.


Anonym schrub, äh schrieb:
"""""Wäre der Mensch darauf programmiert rein auf A/B Blind-Test alles zu beurteilen, so würden sicherlich die Augen, die Haut und andere Sinnes Wahrnehmungen massiv eingeschränkt oder zurück gebildet sein.""""

Nun.
Wäre der Mensch darauf programmiert rein auf unverblindeten Langzeittests alles zu beurteilen, so würden sicherlich das Gehirn, das Gehirn und andere Gehirn-Wahrnehmungen massiv eingeschränkt und zurückgebildet sein.

Überdies:
Die moderne Physiologie zeigt:
Der Mensch (an sich) weist ca. 19 Sinne auf (einschließlich Unsinn, Starrsinn, Blödsinn und Stumpfsinn).



Anonym schröb, äh, schrüb:
""""Die Sinne haben unterschiedliche Aufnahmekapazitäten. So werden über den Gesichtssinn pro Sekunde etwa 10 Millionen Sh aufgenommen, über den Tastsinn etwa 1 Million Sh, über den Gehörsinn etwa 100 000 Sh, über den Geruchssinn etwa 100 000 Sh und über den Geschmackssinn etwa 1000 Sh.""""

Äh.
Sh? Was sind denn "Sh"?
Suppenhühner?
Das kann doch nicht gesund sein, so viele Suppenhühner.

Jedoch:
Beim Huhn SELBST sieht die Sache natürlich wieder völlig anders aus, wobei die Sinne des Huhnes neben unterschiedlichen Aufnahmekapazitäten sogar unterschiedliche Wiedergabekapazitäten aufweisen, und SOWOHL der Geruchssinn ALS AUCH der Geschmacksinn des Huhnes stark gewürzabhängig sind.
(Der Gesichtssinn wird meistens (Voodoo-typisch) gemeinsam mit dem Schädel entfernt, da hier alleinig der Tastsinn hinsichtlich Knusprigkeit maßgebend erscheint.)


Anonym schrob, äh schrub:
""""Sehen, Visuelle Wahrnehmung
Hören, Auditive Wahrnehmung
Riechen, Olfaktorische Wahrnehmung
Schmecken, Gustatorische Wahrnehmung
Tasten, Haptische Wahrnehmung""""

Exakt.
Ich ergänze:
Stehen,
Aufrechte Gangwahrnehmung
Röhren, (High-)Zwölf-Ender-Hirsch-Wahrnehmung
Kriechen,
Ölfaktorische Gleitwahrnehmung
Zecken, Gehirnhaut-Entzündungswahrnehmung
Fasten,
Kleinhappige Hungerwahrnehmung

Und noch abschließend:
Natürlich stellt sich im audiophilen Bereich schon seit Jahren die Frage, ob Tests nun verblödet oder unverblödet durchgeführt werden müssen.
Nun.
Ich persönlich tendiere zu langzeitverblödeten Tests in gemütlicher Atmosphäre.

Wissenschaftliche Grüße
Dr. Prof. Böckle, äh Anonym

Anonym hat gesagt…

Sh-> Shannon ?

Anonym hat gesagt…

"Die Sinne haben unterschiedliche Aufnahmekapazitäten. So werden über den Gesichtssinn pro Sekunde etwa 10 Millionen Sh aufgenommen, über den Tastsinn etwa 1 Million Sh, über den Gehörsinn etwa 100 000 Sh, über den Geruchssinn etwa 100 000 Sh und über den Geschmackssinn etwa 1000 Sh."

Und in welcher Weise hilft mir diese Behauptung nun weiter?

Erlaubt ist (und gekauft wird) as gefällt. Wenn den Kunden der Audiofilia-Händler schön eingeseift hat, ist das ja auch irgendwie ein haptisches Erlebnis und Kunde kann glücklich nach hause gehen. Warum ist es denn dann so schlimm wenn die wissenschaftsgläubigen Technik-Frieks behaupten, das der Raum-Animator gar nicht wirken kann. Macht doch nichts, Hauptsache der Käufer und Hersteller fühlt sich nach dem Geldtransfer wohler. In der allergrössten Not kann man sich ja in einem Boede-Workshop wieder versichern lassen dass CD-Kanten angeschmirgelt werden müssen.

Anonym hat gesagt…

Genau deshalb hat Dr. Prof. Böckle eine Gehirnzelle mehr als das von ihm beschriebene Suppenhuhn.

Sonst würde er auf den Hof kacken.

Anonym hat gesagt…

der Begriff "Langzeittest" wurde eingeführt, nachdem die "Goldohren" bei den BT`s massenhaft versagten.

Jeder mal sich halt die Welt...

Alex8529

Anonym hat gesagt…

Da haben wir doch mal wieder die alten Diskussionen und das mit den typischen Verdächtigen (Patienten).

T.

Anonym hat gesagt…

Ich glaube man kann mit gutem Gewissen davon ausgehen dass der Parker seine Weine nicht mit Augenbinde verkostet. Blindteststudien mit 08-15 Hobbyalkoholikern haben gezeigt dass günstige Weine oft besser schmecken als teure, während der Parker die Bordeaux-Preise 2008 einfach mal so um 30% in die Höhe getrieben hat als er sagte 'I like it!'

pelmazo hat gesagt…

Also wenn der Geschmackssinn bloß 1000 Sh bringt, während der Gesichtssinn 10 Millionen beiträgt, dann ist ja klar warum der Wein so viel besser schmeckt wenn man vorher das Etikett und den Parker gelesen hat. Der Anteil der gustatorischen Wahrnehmung ist dann ja weniger als 0,01%. Da braucht man den Wein gar nicht mehr zu trinken, schon der Anblick allein bringt 99,99% des Genusses.

Scheint bloß bei mir nicht recht funktionieren zu wollen. Der Wein neben mir will ungetrunken nicht so recht gefallen.

Vielleicht ist unser Anonymus ja doch eher ein rechtes Rindvieh, das den Wikipedia-Artikel und so manches Andere nicht begreift, und es deswegen vorzieht anonym zu bleiben?

Anonym hat gesagt…

Pelmazo, tantalusgleich erleidet er Qualen an seiner eigenen Zunft. Man könnte ihn bedauern, aber ich bewundere ihn geradezu als Leuchtturm der Erkenntnis. Wer, wenn nicht er, könnte die Zunft retten? Hoffen wir also auf weitere Enthüllungen dieser Art.

Pelmazo - der aufrechte Ritter, Verteidiger und Wahrer der Wahrheit.

Wenn man boshaft wäre, könnte man auch sagen, daß er in seinem blog eine audiophile Sau nach der anderen durch´s Dorf treibt. Ich hoffe, er gesundet daran. Schreiben als Therapie. Ich wünsche gute Genesung.

Anonym hat gesagt…

Hallo Stefan Grauhaar,

> • Vielleicht ist unser Anonymus ja doch eher ein rechtes Rindvieh, das den Wikipedia-Artikel und so manches Andere nicht begreift, und es deswegen vorzieht anonym zu bleiben?

Der anonyme Anonymus. :-)

PPP

Anonym hat gesagt…

Vielleicht ist unser Anonymus ja doch eher ein rechtes Rindvieh, das den Wikipedia-Artikel und so manches Andere nicht begreift, und es deswegen vorzieht anonym zu bleiben?


PPP, TTT, AAA

Orström hat gesagt…

Alle Anonymosen sind Vollkoffer!

Anonymos

Übrigens ist es mit der Musik genauso wie mit dem Wein, manchmal hör ich etwas ohne es zu kennen und denk mir, so ein Dreck. Dann erfahr ich dass es von Van Morrison ist und denk mir, na ist eigentlich eh ganz gut.
Manchmal hör ich aber auch etwas und denk mir, SO EIN DRECK, dann erfahr ich es ist Roger Waters - und weiss das ich Recht hatte.

Genuss hat gesagt…

Eigentlich sehr schade um all die wenigen (!), die keine feinen (!) Unterscheide hören, schmecken oder wahrnehmen können, wollen oder dürfen, weder im Klang noch im Essen noch im Wein.

Aber statt zu missionieren, sollten wir, die vielen (!), die eben diese feinen (!) Unterscheide hören oder wahrnehmen können, wollen oder einfach nur dürfen (!), im Klang, im Essen und im Wein, dieses einfach nur genießen und die andern einfach erbärmlich und dumm sterben lassen.

LG,
ABCDEFGHIJ... Z

Unknown hat gesagt…

Hallo Genuss
ja, wenns die zu hören gäbe, dann würden darüber ja auch keine Diskussionen entstehen. Aber so...
scheints eben wenig zu hören geben.
Mir fällt zum Beispiel immer wieder auf, wie Highender gerne über den Strom reden, und wie gut es nachts klingt, wenn die bösen Verbraucher die den schmutzigen Strom erzeugen weg sind (ist zwar auch falsch, aber gut). Das es möglicherweise daran liegt, das eine Entspannungssituation vorliegt, das die Umwelt deutlich ruhiger geworden ist, daran wird kein Gedankte verschwendet
viele Grüße
Reinhard

Anonym hat gesagt…

dumm und erbärmlich stirbt man,

wenn man keine super Party mit billigen Wein, und keine Musik auf Mittelwelle genießen kann.

Sondern sich als Genießer hervorheben will, in der Foren-Szene, indem man allerlei C37 und Knete auf Chessis + Platinen kleistert, sich an Kabeln und Strom begeistert, und dann in fast allen Foren schulmeistert...

Alex8529

Anonym hat gesagt…

Dumm gepaart mit Neid und Missgunst, na wo soll das nur enden.
Seid dem ich meine 150 € günstige (!) Weingläser mit C37 Lack am Sockel verlacken ließ, klingt das Glas ein wenig runder und sanftmütiger.
Und seid dem ich meine günstigen 80 € Weine auf Knete lagern lasse, schmeckt er wirklich ausgewogener und erdiger.

Aber es soll ja sogar Leute geben die noch nicht mal im BT den Unterschied zwischen einem ALDI Salz für 9 Cent und einem 8,95 € Fleur de sel kennen oder gar schmecken, mit so billigen (!) Menschen möchten wir natürlich nichts zu tun haben.

Der anonyme Legastheniker  

Gruß,
A.L.

Unknown hat gesagt…

da hammas wieda - die gute alte blindtest-nummer. mal von anderer seite aufgezäumt.
auch westentaschenpsychologisch ist den meisten geläufig, dass vorurteile urteile vorwegnehmen. muss man das so breittreten? erwartungen bestimmen erfahrungen - doch manchmal ist es eben auch so, dass erwartungen sich wider erwarten nicht erfüllen.
blindtests sind wie statistik - übers leben sagt diese zwar nix aus, aber als werkzeug, um dinge klarer erscheinen zu lassen oder was auch immer, ist sie brauchbar. unterschiede sind da - müssen da sein (nicht nur wegen der umsatzsteigerung) - die frage ist bloß, wie eklatant diese sind. und ob sie so gravierend sind, dass sie meinen musikgenuss beeinträchtigen.
gruß aus ö alex