Der wahre Audiophile schwört ja bekanntlich auf die Analogtechnik, denn da ist noch "Leben" drin, und nicht alles numerisch perfekt und mathematisch steril. Beim Abspielen von Schallplatten z.B. gibt's noch Höhen- und Seitenschlag, was zu geringen Schwankungen der Tonhöhen führen kann. Da hilft selbst der beste Plattenspieler nichts, denn der Fehler ist oft genug bei der Schallplatte. Aber solche sympathischen Eigenheiten machen ja dieses Hobby aus, nicht wahr? Sie verleihen der Musik die Wärme die man bei der Digitaltechnik vermißt. Das ist ein Unterschied wie zwischen einem Schlagzeuger und einem Drumcomputer.
Aber um die Digitaltechnik kommt man heutzutage ja nicht mehr herum, darum ist es verständlich wenn man in diesem Bereich die bestmöglichen Bedingungen schaffen will. Und bei allem Mathematischen und Numerischen bleibt doch immer noch etwas Analoges in der Digitaltechnik: Die Zeit. Oder anders gesagt der Takt. Die Signalamplitude mag abgetastet und quantifiziert und in Zahlen gewandelt werden, die Zeit bleibt kontinuierlich. Was Wunder daß man als Audiophiler nur mit der bestmöglichen Zeit zufrieden ist, und daß sich auch nur mit dieser der optimale Klang einstellen kann.
Also vereinfacht: Bei der Analogtechnik sind die Fehler gut, bei der Digitaltechnik schlecht, selbst die analogen.
Äh.
Na gut, wir wollen also die beste Zeit, die wir kriegen können. Klar, daß hier ein einfacher Quarzoszillator nicht reicht, es muß etwas teures her, und da hat die "Szene" vor einiger Zeit das Rubidium entdeckt. Abgesehen vom exotischen Klang dieses Wortes, und den Kosten eines damit arbeitenden Taktgenerators, ist noch ein weiterer Faktor wie geschaffen für den audiophilen Einsatz: Keiner hat eine Ahnung davon wie diese Dinger funktionieren, worauf's im Zusammenhang mit Audio ankommt, und was dabei "hinten rauskommt".
Ein paar Leute wissen immerhin noch daß das Rubidium in einer Röhre untergebracht ist, und auch das trägt zum audiophilen Wohlgefühl bei.
Noch besser wäre hier allerdings Cäsium, weil damit die Atomuhren arbeiten die weltweit verstreut die Zeit bestimmen, aber sowas können sich nur wenige Audiophile leisten. Da muß man schon sehr enthusiastisch sein. Aber das kommt bestimmt auch noch in Mode. Noch exotischer wäre ein
aktiver Wasserstoff-Maser, aber solche Kisten bringt man besser im Keller unter, am besten präzise klimatisiert. Als Möbel im Wohnzimmer wirken sie nicht so gut.
Die Gemeinsamkeit aller dieser Taktgeber ist, daß sie zwar auf eine gewisse Art und Weise tatsächlich "besser" sind als ein normaler Quarzoszillator, und zwar zum Teil um viele Größenordnungen, daß aber die Verbesserung für Audioanwendungen völlig irrelevant ist. Das läßt die Geräte in die gleiche Kategorie fallen wie z.B. Silberkabel mit Teflonisolierung. Also etwas was man unbedingt haben muß. Außerdem müssen sie tagelang "eingespielt" werden und sollten kontinuierlich durchlaufen, um ihre beste Leistung zu erreichen.
Ungemein hilfreich ist bei diesem Thema, daß die Fehler und die Fehlerauswirkungen bei Taktgebern ein außerordentlich verzwicktes Thema sind, man aber auf der anderen Seite auch als Laie sehr schnell das intuitive Gefühl bekommt, das Grundproblem verstanden zu haben. Das ist eine Situation, wie sie für einen audiophilen Hersteller besser kaum sein könnte. Es ist hier besonders einfach, irgendeinen Schwachsinn zu erzählen, der sich auch für halbwegs informierte und kritische Zeitgenossen recht vernünftig anhört.
Eines der Probleme besteht darin, daß man die Qualität eines Taktgebers nicht in einer Zahl ausdrücken kann, außer man hat eine sehr eingeschränkte und genau umrissene Vorstellung davon, was man mit Qualität meint. Eines dieser Qualitätsmerkmale ist z.B. die Langzeitstabilität. Das heißt, wenn man eine "lange" Zeit wartet, wie viel oder wenig weicht dann die durch Zählen der erzeugten Takte gemessene Zeit von der "richtigen" Zeit ab. Eine Angabe als Zahl hat hier nur einen Sinn, wenn man auch dazu sagt wie lange man die Meßzeit macht. Anders als man vielleicht denken könnte kann man
nicht von einer Meßzeit auf eine andere schließen. Konkret: Wenn man weiß daß eine vom Taktgeber angetriebene Uhr nach einem Tag um maximal 1 Sekunde abweicht, dann kann man daraus nicht schließen wie groß die Abweichung nach einem Jahr maximal wäre. Sie könnte ebensogut 1 Sekunde wie 365 Sekunden sein.
Umgekehrt funktioniert's ebenfalls nicht. Ein gutes Beispiel dafür ist die Netzfrequenz in unserem Stromnetz. Die sollte 50 Hz sein, kann aber schwanken. Man kann sie trotzdem als Taktgeber für Uhren nehmen, denn langfristig sorgen die Stromnetzbetreiber dafür, daß die Zeit stimmt. Die Langzeitstabilität ist also gut, obwohl die Kurzzeitstabilität recht bescheiden ist. Würde man aus der Langzeitstabilität auf die Kurzzeitstabilität schließen wollen, dann käme man auf viel zu optimistische Werte. (Nebenbei: Einige Hersteller von Plattenspielern fanden, daß die Netzfrequenz immer noch gut genug ist um die Geschwindigkeit des Plattentellers damit zu steuern)
Will man also die Stabilität eines Taktgebers etwas umfassender beschreiben, dann müßte man statt eines einzelnen Wertes eine ganze Serie von Werten für unterschiedliche Meßzeiten erfassen, und könnte die z.B. in einem Diagramm auftragen. Man könnte daran sehen welcher Taktgeber eher kurzzeitstabil und welcher eher langzeitstabil ist. Für eher längerfristige Stabilitätsbetrachtungen im Sekundenbereich und darüber hat sich dafür das Diagramm der Allan-Abweichung durchgesetzt (das hat entfernt etwas mit der Standardabweichung aus der Statistik zu tun). Abweichungen in solchen Zeitbereichen werden auch auf Englisch Drift oder
Wander genannt.
Für Abweichungen im sehr kurzfristigen Bereich benutzt man dagegen den Begriff
Jitter. Die Grenze zwischen Jitter und Wander liegt recht willkürlich bei 10 Hz bzw. 100 ms, aber abgesehen davon bezeichnen beide Begriffe letztlich dasselbe Phänomen. Auch bei Jitter reicht eine einzelne Zahl nicht, um einen Taktgeber zu charakterisieren. Anders als bei der Allan-Abweichung wird hier aber ein anderes Meßverfahren und ein anderes Diagramm benutzt. Man betrachtet die Fehler als Ergebnis einer Phasenmodulation des idealen Taktsignals und trägt im Diagramm das Spektrum des Modulationssignals auf. Jitter wird aus diesem Grund auch
Phasenrauschen genannt. Das mag jetzt nicht jeder verstanden haben, macht aber nichts. Der wesentliche Unterschied für den Betrachter der Diagramme ist folgender:
Beim Allan-Diagramm ist auf der waagrechten Achse die Meßdauer aufgetragen. Links im Diagramm stehen also die Stabilitätswerte für kürzerfristige Beobachtung, rechts für längerfristige.
Beim Jitterspektrum ist auf der waagrechten Achse die Frequenz des Fehlersignals aufgetragen. Links stehen die tiefen Jitterfrequenzen und rechts die höheren.
In beiden Diagrammen wird nach oben der Fehler aufgetragen, das heißt der Taktgeber ist umso besser je tiefer die Kurve liegt.
Ein Beispiel findet sich
hier, wo beide Diagramme für denselben Rubidium-Taktgeber gezeigt werden. Das Diagramm "Phase Noise Plot" zeigt das Jitterspektrum, während das Diagramm "Allan Variance Plot" sinnigerweise nicht die Allan-Varianz sondern die Allan-Abweichung zeigt, die die Wurzel aus der Allan-Varianz ist (siehe die Beschriftung der vertikalen Achse). Oft findet man in den technischen Daten der Taktgeber auch nur eine kleine Tabelle mit einzelnen Werten aus den Diagrammen, statt ein ganzes Diagramm. Daraus kann man ein grobes Diagramm zwar selbst zeichnen, aber bessere Einblicke bietet es natürlich wenn der Hersteller das Diagramm direkt liefert.
Mit diesen beiden Diagrammen hat man schon einen ziemlich guten Überblick über die Qualitäten und die Eigenheiten eines Taktgebers, und wenn man zwei Modelle miteinander vergleichen will, dann kann man die Diagramme übereinander legen und sehen in welchen Bereichen der Eine besser ist und in welchen der Andere.
Beim "Allan Variance Plot" aus obigem Beispiel hat das der Hersteller schon getan, er hat nämlich mit GPS einen weiteren Taktgeber eingezeichnet. GPS ist eigentlich zur Navigation da, kann aber auch als genaue Zeitquelle genutzt werden, und in dieser Funktion kann man auch für GPS ein Diagramm der Allan-Abweichung zeichnen. Wie man sieht ist GPS langfristig besser als der Rubidium-Oszillator. Es überschneidet sich bei ungefähr 200000 Sekunden, also bei gut 2 Tagen. Für kürzere Zeiten ist dieser Rubidium-Oszillator besser, für längere Zeiten hält man sich besser an GPS. Indem man den Rubidium-Taktgeber mit Hilfe von GPS "diszipliniert" kann man die Vorteile beider miteinander kombinieren. Dieses "Kombinieren" muß man übrigens "richtig" machen, einfach irgendwie zusammenstöpseln reicht nicht, sonst kombiniert man die Nachteile und nicht die Vorteile.
Was hat das jetzt alles mit Audio zu tun?
Für die Beantwortung dieser Frage muß man sich damit beschäftigen was die
Auswirkungen der Fehler, die in den Diagrammen dargestellt sind, auf ein Audiosignal sein können. Man hört die Fehler im Takt ja nicht direkt. Dafür muß man sich zunächst ansehen was der Taktgeber überhaupt im Wiedergabesystem antreibt. Letztlich soll er den Takt liefern für einen D/A-Wandler, der den als Zahlen kodierten Schall wieder zurück in ein analoges Audiosignal wandeln soll. Dazu braucht er ein Taktsignal "guter" Qualität, doch was bedeutet in diesem Zusammenhang "gut", und wie gut muß es sein, wenn man sicher sein will daß dadurch keine Qualitätsverluste im Audiosignal bewirkt werden?
Man kann sich dieser Frage nähern indem man untersucht was denn ein schlechtes Taktsignal im D/A-Wandler bewirkt. Man kann dazu z.B. ein gutes Taktsignal nehmen und bewußt Jitter hinzufügen, um dann am Ausgang des D/A-Wandlers nachzusehen wie sich das Nutzsignal verschlechtert. Die Details hängen hier von den Einzelheiten des D/A-Wandlers ab, aber typischerweise findet man, daß eine bestimmte Jitterfrequenz als Modulationsprodukt im Ausgang des Wandlers erscheint. Wenn man sich das als Spektrum anschaut, dann sieht es aus wie wenn man das Nutzsignal (also im einfachsten Fall z.B. einen Sinuston) mit dem Jittersignal phasenmodulieren würde. Das erzeugt charakteristische "Seitenbänder" im Spektrum, was darauf hindeutet daß Summen- und Differenz-Frequenzen gebildet werden zwischen dem Nutzsignal und dem Jittersignal.
Jetzt sind wir also nolens volens wieder bei der Modulation, was uns oben beim "Phase Noise Plot" bzw. dem Jitterspektrum schon begegnet ist. Das ist keine zufällige Ähnlichkeit. In der Tat ist es das Jitterspektrum, welches direkt relevant dafür ist welche Konsequenzen der Jitter für das Ergebnis einer D/A-Wandlung hat. Es geht also um die kurzfristigen Schwankungen und nicht um die längerfristige Stabilität, und demzufolge interessiert der "Allan Variance Plot" hier überhaupt nicht, sondern wir müssen uns mit dem "Phase Noise Plot" beschäftigen. Und hier sind es hauptsächlich die Audiofrequenzen, die uns interessieren, weil die als Modulationsprodukt auch wieder im hörbaren Bereich des Wandlungsergebnisses enden.
Außerdem ist das Gehör offenbar nicht für jede solche Modulationsfrequenz gleich empfindlich. Tiefe Frequenzen unterhalb von ein paar Hundert Hertz scheinen recht harmlos zu sein, während im Bereich der einstelligen kHz die Empfindlichkeit wesentlich höher ist. Für einen Taktgeber eines D/A-Wandlers brauchen wir also ein Exemplar, das speziell im Bereich von - sagen wir - 200 Hz bis 20 kHz niedrige Werte im Jitterspektrum hat. Dabei ist ein gleichmäßiger "Rauschteppich", in dem alle Frequenzen vertreten sind, besser als wenn es einzelne Frequenzen im Jitterspektrum gibt, die besonders herausstechen.
Bei unserem Rubidiumoszillator sehen wir, daß er zwar generell recht niedrige Jitterwerte hat (-150dBc/Hz bei 100 Hz ist schon ausgesprochen gut, und weit sauberer als auch ein sehr guter D/A-Wandler brauchen würde), aber es gibt da ein paar dubiose Einzelfrequenzen, die deutlich hervorstechen. Möglicherweise sieht man da die amerikanische Netzfrequenz und ihre Oberwellen, vielleicht ist es auch etwas anderes. Für unsere D/A-Wandler-Zwecke würde ich einen Oszillator bevorzugen, der satte 20 dB schlechteren "Rauschteppich" hat, dafür aber keine herausstechenden Einzelfrequenzen.
Da erkennt man letzlich auch, daß der Rubidiumoszillator für einen anderen Zweck gemacht ist. Der Bereich wo man vom Rubidium was merkt ist nämlich auf dem Allan Variance Plot zu sehen und nicht dem Phase Noise Plot. Der Sinn des Rubidium-Oszillators liegt in seiner Langzeitstabilität. Das kann man mit etwas Sachverstand auch auf dem Blockschaltbild erkennen, das auf der Webseite über den beiden Diagrammen zu sehen ist.
In diesem Blockschaltbild sieht man, daß der 10 MHz-Taktausgang direkt aus einem ofengeheizten Quarzoszillator kommt. Das Rubidium-Gedöns in der "Physics Package" hat damit nur indirekt was zu tun. Letztlich ist es nämlich so daß das Ganze schon in sich eine Kombination aus zwei Oszillatoren ist, ähnlich wie oben bei GPS beschrieben. Der eigentliche Oszillator, dessen Signal man am Ausgang bekommt, ist der Quarzoszillator, und der wird nur über das Rubidium-System diszipliniert. Wenn man für diese beiden Oszillatoren jeweils eine eigene Kurve im Allan Variance Plot zeichnen würde, dann würde das wieder so ähnlich wie bei GPS sein, mit einem Kreuzungspunkt zwischen den Kurven, wobei für kürzere Zeiten der Quarzoszillator besser ist und für längere der Rubidium-Oszillator. Der Kreuzungspunkt läge allerdings deutlich links vom oben behandelten Kreuzungspunkt mit der GPS-Kurve.
Mit anderen Worten: Bei der Kurzzeitstabilität sehen wir praktisch ausschließlich die Eigenschaften des Quarzoszillators. Erst bei längeren Zeiten macht sich dann der Rubidium-Teil bemerkbar, und bei noch längeren Zeiten kann man dann ggf. noch mit GPS "nachhelfen".
Der Phase Noise Plot ist für die besonders kurzfristige Stabilität, und da macht sich erst recht nur der Quarzoszillator bemerkbar. Das bedeutet daß für unseren Zweck der Takterzeugung für den D/A-Wandler der Rubidium-Teil keinerlei Nutzen bringt. Man könnte ihn genausogut weglassen und den Quarzoszillator frei (undiszipliniert) laufen lassen, das Ergebnis für das Audiosignal wäre das gleiche.
Den Rubidium-Teil wegzulassen, das bedeutet daß nur noch der Quarzoszillator samt Ofen und Netzteil übrig bleibt. Damit wäre man schon mal bei unter 10% der Kosten. Wenn man sich jetzt noch die Situation beim Quarzoszillator selbst anschaut, dann führen ähnliche Überlegungen zur Erkenntnis, daß der Ofen ebenfalls der Langzeitstabilität hilft und auf den Phase Noise Plot praktisch keine Auswirkungen hat. Das könnte man nachmessen, aber genauso kann man es sich auch plausibel machen indem man sich klar macht daß der Ofen lediglich Temperaturschwankungen ausgleicht, und dadurch den Takt stabilisiert. Temperaturschwankungen gehen aber nicht so schnell vonstatten daß sie auf so kurzzeitige Schwankungen wie bei Jitter noch eine Auswirkung haben könnten.
Das heißt wir können auch den Ofen weglassen. Was bleibt dann noch übrig? Ein stinknormaler Quarzoszillator. Langweilig, nicht?
Das ist Ingenieurskunst! Wir haben ein Bauteil für $1500 durch ein Bauteil für $1,50 ersetzt, ohne daß dadurch ein Nachteil entstehen würde. Zusätzlich gewonnen haben wir schnellere Einsatzbereitschaft, geringeren Energieverbrauch, geringeres Gewicht und geringeren Platzbedarf. Ich würde meinem Arbeitgeber vorschlagen er solle das Gerät für den gleichen Preis verkaufen, und die Einsparung in den Bauteilekosten geht auf mein Konto. Alternativ könnte man gebrauchte, defekte oder Ausschußware des Rubidiumoszillators einbauen (die Rubidiumröhre hat eh keine unbegrenzte Lebensdauer), denn ob das Rubidium-Dingens funktioniert merkt sowieso keiner. Welcher Audiophile mißt schon Allan-Varianzen?
Wobei ich jetzt nicht damit sagen will daß
irgendein Quarzoszillator gut genug wäre. Das Phasenrauschen bzw. der Jitter kann sich von Quarzoszillator zu Quarzoszillator sehr deutlich unterscheiden, und wegen der Einflüsse der Schaltungsumgebung hat es nur einen Sinn wenn man das in der endgültigen Umgebung mißt. Falls der Hersteller hier Angaben macht sagen die nur was man günstigstenfalls erreichen kann, wenn man die Schaltung drum herum optimal auslegt. Es nutzt also z.B. wenig, einen per Datenblatt jitterarmen Oszillator in eine beliebige Schaltung einzusetzen. Ob der gewünschte Jitterwert dabei rauskommt weiß man so überhaupt nicht. Das an die Adresse der "Tuner".
Aber noch ein weiterer Faktor kommt hier ins Spiel. Ich habe bisher so getan als würde der Takt aus dem 10 MHz-Ausgang des Oszillators direkt den D/A-Wandler antreiben. Das ist aber nicht so, denn dazwischen befindet sich noch eine nichttriviale Elektronik, die ihrerseits ihre Auswirkungen auf die Jittersituation hat. 10 MHz ist kein binäres Vielfaches der Audio-Abtastfrequenzen, die so gemeinhin in Verwendung sind. Diese Frequenz ist zwar der Standard für Zeitnormale, wie es Rubidiumoszillatoren sind, aber nicht für Audio-D/A-Wandler. Man muß die Frequenz also umsetzen auf eine, die für D/A-Wandler genehm ist. Die gängigen Verfahren dafür laufen darauf hinaus daß das Jitterspektrum des erzeugten Taktes nicht mehr dem entspricht, was am 10 MHz-Eingang vorhanden war. Stattdessen kommt ein großer Teil des Jitters vom Frequenzumsetzer selbst. Wer zum Beispiel einen Master-Taktgenerator für Audio oder Audio/Video einsetzt (z.B. Mutec iClock), und diesen mit der Rubidium-Referenz antreibt, der sieht an seinen Ausgängen typischerweise im
gesamten interessierenden Frequenzbereich des Jitterspektrums den Eigenjitter des Master-Taktgenerators, und nicht den der Rubidium-Referenz. Was den Jitter angeht könnte man also hier die ganze Referenz auch weglassen und den Master-Taktgenerator frei laufen lassen. Auch hier ist es wieder so daß eine Rubidium-Referenz lediglich die Langzeitstabilität verbessert, was für die Qualität der D/A-Wandlung völlig irrelevant ist.
Ist die Langzeitstabilität für gar nix gut? Wozu gibt's dann überhaupt Rubidium-Generatoren?
Die Langzeitstabilität braucht man für die genaue Zeitmessung, und dafür, zwei unabhängige Takte über längere Zeit hinweg miteinander synchron zu halten. Das sind Bereiche die bei Audio in den allermeisten Fällen keine Rolle spielen, schon gar nicht bei der Anwendung an einer Hifi-Anlage. Im Professionellen Bereich kann es manchmal nützlich sein, z.B. um zwei räumlich getrennte Sender miteinander synchron zu halten, auch für eine Überbrückungszeit wenn GPS gerade nicht funktioniert. Das ist auch beim Mobilfunk so.
Mit audiophiler Wiedergabe hat das aber nichts zu tun. Da ist es reiner Voodoo.
Ach ja, und da war dann noch das Ding mit der Präzision.
Oft findet man Angaben bei solchen Taktgebern in
ppm (parts per million) oder gar
ppb (parts per billion). Bei Letzterem ist die Milliarde gemeint, die ja bei den Amerikanern "billion" heißt. Diese beiden Angaben sind geistesverwandt mit dem Prozent und dem Promille. Wenn man im gleichen System bleiben wollte dann müßte das Prozent
pph (parts per hundred) heißen und das Promille
ppt (parts per thousand).
Was damit angegeben wird ist in aller Regel die Genauigkeit eines Taktgebers relativ zum Sollwert. Da kommt also überhaupt keine zeitliche Variation rein, wie Jitter oder Wander. Es geht darum um wieviel die Taktfrequenz "statisch", also dauerhaft, daneben liegt. Dafür ist weder der "phase noise plot" noch der "Allan variance plot" zuständig.
Das bedeutet - und das ist wichtig - daß die Präzision mit dem Jitter und mit der Stabilität des Taktgebers rein gar nichts zu tun hat. Nichts, nada, nothing, niente. Wer also von ppm und Jitter im gleichen Zusammenhang redet, der hat entweder keine Ahnung oder er will jemanden hinter's Licht führen.
Es ist auch nicht so daß ein besonders genauer Oszillator in der Regel auch besonders stabil bzw. jitterarm wäre, oder umgekehrt. Es könnte zwar sein daß ein Hersteller sowohl die Genauigkeit als auch die Stabilität besonders optimiert hat, aber das muß er dann gewollt haben, zufällig bekommt er das nicht. Diese Kriterien sind schlicht unabhängig voneinander. Viele Anbieter, die sich im Audiobereich tummeln und Taktgeneratoren verkaufen wollen, verwechseln oder vermischen diese Dinge, ob aus Mangel an Sachverstand oder Mangel an Gewissen lasse ich mal dahingestellt.
Im Zusammenhang mit Audio und der D/A-Wandlung ist die Auswirkung eines statischen Fehlers in der Taktfrequenz eine falsche Tonhöhe. Ein ganz normaler Quarzoszillator könnte z.B. 10 ppm Genauigkeit haben, das ist ein Tausendstel Prozent. Das bedeutet daß ein D/A-Wandler, der von diesem Quarzoszillator gespeist wird, die Töne um eben dieses Tausendstel Prozent zu tief oder zu hoch wiedergibt. Alle Töne gleich, das heißt die Harmonie untereinander stimmt nach wie vor.
Hört man das? Keine Chance. Selbst 1% Abweichung, also das Tausendfache, bleibt in der Regel unerkannt. Schon ein ganz normaler Quarzoszillator ist also Tausend mal genauer als er für Audio sein müßte. Ofen, Rubidium und dergleichen ergeben zwar noch wesentlich mehr Genauigkeit, aber wofür?
Es gibt einen anderen Grund warum ein Oszillator unter Umständen genauer sein muß. Das ist wenn zwei verschiedene Oszillatoren miteinander synchronisiert werden müssen. So etwas tritt typischerweise bei der digitalen Übertragung von einem auf ein anderes Gerät auf. Das sendende Gerät hat z.B. seinen Oszillator frei laufen, während das empfangende Gerät seinen Oszillator so verstellen muß daß die Frequenz mit der im sendenden Gerät übereinstimmt. Eine Art Uhrenabgleich also. Das Problem ist hier, daß der Empfänger den eigenen Oszillator nur innerhalb eines begrenzten Frequenzbereiches verstellen kann. Liegt die geforderte Frequenz außerhalb dieses Bereichs, dann klappt die Synchronisation nicht. Daraus ergeben sich für die Toleranzen in der Frequenzgenauigkeit gewisse Einschränkungen, die je nach Situation schon auch mal wesentlich strenger sein können als das für Audio eigentlich nötig wäre. Aber das hat keinen Zusammenhang mit dem Klang, sondern daran hängt ob die Datenübertragung funktioniert oder nicht.